Fällt der Streckenrekord beim Rennsteig-Marathon? Vorjahressieger Marcel Krieghoff hat einen Angriff auf seine eigene Bestmarke angekündigt. Er geht in Top-Form an den Start, doch ein anderes Marathon-Ass könnte ihm den Titel wegeschnappen. Im Frauenfeld läuft alles auf ein spannendes Duell zwischen Supermarathon-Rekordhalterin Daniela Oemus und der 2015-Siegerin Nora Kusterer hinaus. Auch hier ist die Streckenbestmarke in Gefahr.
Es könnte eines der spannendsten Duelle des Rennsteiglaufs 2017 werden. Auf der Marathonstrecke gehen mit Nora Kusterer und Daniela Oemus zwei nahezu gleich starke Athletinnen an den Start, die im Kampf um den Tagessieg auch die noch junge Streckenbestmarke von 3:08:56 Stunden deutlich unterbieten könnten.
Nora Kusterer (SV Oberkollbach) drückte dem Rennsteiglauf 2015 ihren Stempel auf, als sie bei ihrer Premiere auf dem Höhenweg das Rennen dominierte und in 3:01:31 Stunden eine starke neue Kursbestzeit aufstellte. Die Zeit gilt nur deshalb formell nicht mehr als Rekord, weil der Kurs von Neuhaus nach Schmiedefeld im Vorjahr auf die klassischen 42,195 Kilometer verkürzt wurde. Dennoch wird ihre Leistung – auf deutlich längerer Strecke erzielt – natürlich auf viele Jahre als Referenzwert gelten. In der Top-Form von 2015 ist Nora Kusterer dieses Jahr zwar nicht ganz, konnte aber zum vierten Mal den Leipzig-Halbmarathon für sich entscheiden. In 1:21:35 Stunden lag sie dort rund vier Minuten über ihrer Bestzeit und etwa zwei Minuten über ihrer Zeit von 2016. Vergangenes Jahr reichte es anschließend zu Platz zwei beim Rennsteig-Halbmarathon.
Daniela Oemus vom SV Blau-Weiß Bürgel, die Thüringer Läuferin des Jahres 2016, sorgte im Vorjahr mit einem völlig überraschenden Streckenrekord beim Rennsteig-Supermarathon für Furore. Diesmal hat sie sich für den Marathon entschieden – und ist erneut in blendender Verfassung. Beim Paderborner Osterlauf überzeugte sie mit 37:18 Minuten über 10 Kilometer auf der Straße. Dann wiederholte sie vor wenigen Wochen ihren Triumph beim Bleilochlauf über 48 Kilometer im Gelände und war dort nur eine Minute langsamer als 2016. Ob sie gerade einmal vier Wochen später auch am Rennsteig ganz vorne liegen kann? Im Vorjahr schien ihr die Doppelbelastung jedenfalls wenig auszumachen. Sie selbst weiß ihre Form allerdings nicht so gut einzuschätzen. „Der Bleilochlauf fiel mir viel schwerer als letztes Jahr“, sagt sie. Am Rennsteig will sie „ihr eigenes Rennen laufen“ und sich nicht zu sehr an der Konkurrenz orientieren. Dennoch zeichnet sich ein Zweikampf zwischen ihr und Nora Kusterer ab, der sich erst nach Kilometer 25 entscheiden dürfte.
Hinter den beiden Top-Favoritinnen wird vermutlich eine große Lücke klaffen, vor allem weil viele Podiums-Garanten wie Kristin Hempel (Siegerin 2012) sowie Anna Herzberg dieses Jahr definitiv fehlen. Auch die Vorjahressiegerin Annika Krull hat bisher nicht gemeldet, genauso wie viele weitere Top-Platzierte der Vergangenheit. Damit könnte der Weg frei sein für die aufstrebende Marie Brückner (USV Erfurt), im Vorjahr noch Zehnte in einer Zeit über 3:30 Stunden. Die Rennsteig-Herbstlauf-Siegerin präsentierte sich im Frühjahr in starker Verfassung und stellte zuletzt einen Streckenrekord bei der Harzquerung über 28 Kilometer auf. Auch Johanna Schreier (SG Motor Arnstadt) könnte es wieder auf das Podest schaffen.
Im Männerrennen wackelt schon seit Jahren immer wieder die Streckenbestzeit. Doch in der Vergangenheit scheiterten Spitzenläufer wie Marcel Bräutigam (2012, 2013), Christian König und Marcel Krieghoff (2014) und Christian Seiler (2015) regelmäßig an der Marke des Ukrainers Stanislaw Lasjuta (2:36:32 Stunden). Erst durch die Neuschreibung der Rekordlisten seit 2016 hat sich das geändert. Marcel Krieghoff (Rennsteiglaufverein/SC Impuls Erfurt) setzte mit seinem Sieg in 2:36:44 Stunden den Maßstab für die kommenden Jahre. Doch schon dieses Jahr könnte diese Marke wieder Geschichte sein, wenn es nach Krieghoff geht.
„Ich will eine richtige gute Zeit laufen“, kündigt er im Gespräch mit Laufszene Thüringen an, „Richtung 2:30 Stunden sollte es schon gehen“. Der 33-Jährige ist bekannt für seine mutigen Ansagen und die offensive Renngestaltung. Seine exzellente Form hat der „Thüringer Läufer des Jahres“ in diesem Frühling mit reihenweise Spitzenergebnissen unter Beweis gestellt, darunter Platz 3 beim Frankfurt-Halbmarathon in 1:07:59 Stunden und ein Streckenrekord von 2:37 Stunden beim schweren Kyffhäuser-Marathon. Durch einen neuen Job in Bad Langensalza hat er nun noch mehr Zeit für das Training. „Ich bin im Vergleich zum Vorjahr im Schnitt 45 Kilometer mehr pro Woche gelaufen. In den Belastungswochen kamen so über 180 Kilometer zusammen“, erklärt er seine gute Verfassung.
Doch ob der Rekordversuch Erfolg hat, ist alles andere als sicher. Auf der Marathonstrecke hat Krieghoff schon einige schwierige Rennen hinter sich, zuletzt brach er beim Frankfurt-Marathon 2016 auf der zweiten Hälfte stark ein und kam in für ihn unbefriedigenden 2:40 Stunden ins Ziel. Damals sei er „ausgebrannt“ gewesen, nach den vielen Wettkämpfen der Saison. Sollte er sein hohes Anfangstempo am 20. Mai nicht halten können, hätte die Konkurrenz Außenseiterchancen auf den Sieg.
Es sei denn, ein anderer Thüringer Top-Läufer entscheidet sich noch für den Marathonstart. Marcel Bräutigam vom Rennsteiglaufverein findet sich noch nicht in der Teilnehmerliste, liebäugelt aber mit einem Start im Halbmarathon oder Marathon – so es sein Dienstplan und die Gesundheit zulassen, wie er sagt. Stünde er in Neuhaus an der Startlinie, wäre er der Top-Favorit. Doch auch er hat schon den Hamburg-Marathon (2:19:48 Stunden) in den Beinen sowie den Hannover-Marathon als Pacemaker (bis km 37). Ein spannendes Duell wäre garantiert, denn Marcel Krieghoff würde mit Sicherheit so lange wie möglich mithalten wollen.
Im Kampf um die weiteren Podestplätze hat Sebastian Nitsche von BMW DHfK Leipzig die besten Chancen. Im Vorjahr gegen Ende noch unglücklich auf Platz 4 zurückgefallen, wird er dieses Jahr endlich wieder aufs Podest wollen (zuletzt 2012). Mit einer Marathonbestzeit von 2:27 Stunden ausgestattet, darf er bei einer Schwächephase Krieghoffs (und ohne Marcel Bräutigam) sogar vom Sieg träumen. Dahinter ist André Fischer vom USV Erfurt erstmals der Sprung aufs Podest zuzutrauen. Er war zuletzt Vierter beim Leipzig-Marathon und hat schon viel Rennsteig-Erfahrung. 2014-Sieger Heiko Ludewig fehlt diesmal verletzungsbedingt, der Vorjahresdritte Christoph Weigel startet beim Halbmarathon. Viele weitere Top-Platzierte der vergangenen Jahre stehen ebenfalls nicht in der Meldeliste. Deshalb dürfte im Kampf um die Medaillen auch dieses Mal wieder der ein oder andere Nachgemeldete mitmischen.Auch das Teilnehmerfeld wird durch Nachmeldungen noch wachsen. Derzeit haben sich schon 3.236 Sportler in die Startliste eingetragen (Stand: 11. Mai). Für die meisten von ihnen steht allerdings nicht der Kampf um schnelle Zeiten, sondern der Spaß im Vordergrund.