Es war ein Start-Ziel-Sieg mit Ansage: Marcel Krieghoff vom USV Erfurt/Rennsteiglaufverein wurde beim 44. Rennsteiglauf seiner Favoritenrolle gerecht und sicherte sich ungefährdet den Titel auf der Marathonstrecke. Im Rennen der Frauen setzte sich mit Annika Krull vom Team Hamburger Laufladen eine Rennsteig-Debütantin durch. Beide Sieger stellten bei idealem Laufwetter neue Strecken-Bestmarken auf, weil das Rennen erstmals über die klassischen 42,195 Kilometer ausgetragen wurde.
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Vor dem Rennen hatte er ankündigt, von Beginn an „Vollgas“ zu geben und sich nicht auf ein taktisches Rennen einzulassen. Marcel Krieghoff hielt Wort und setzte sich schon kurz nach dem Startschuss um 9 Uhr am ersten Anstieg in Neuhaus von der Konkurrenz ab und lief an der Spitze ein einsames Rennen. An der ersten Zeitmessung vor der Turmbaude Masserberg hatte er sich bereits einen Vorsprung von einer Minute auf seinen ersten Verfolger herausgelaufen. Es blieb nur noch die Frage, ob er sein hohes Tempo mit Kurs auf unter 2:40 Stunden würde halten können. Spätestens am Dreiherrenstein bei Kilometer 34 schien klar, dass es diesmal für den Titel reichen würde. Seinen Vorsprung von dort schon über vier Minuten baute er bis ins Schmiedefeld noch weiter aus und lief in 2:36:45 Stunden als Erster über die Ziellinie.
„Bis jetzt kam bei meinen Marathons immer nach 36 Kilometern der ‚Mann mit dem Hammer‘. Heute habe ich bei Kilometer 32 noch mal ein Energie-Gel genommen und das hat bei mir einen Turbo gezündet“, erklärte Krieghoff im Ziel. „Endlich kann ich mich jetzt Marathonläufer nennen.“
Der Kampf um die weiteren Medaillen schien früh entschieden, wurde am Ende aber noch einmal turbulent. In Masserberg lag Rennsteig-Debütant Moritz Auf der Heide (LAZ Puma Rhein-Sieg) sicher auf Rang zwei. Knapp eine Minute dahinter schien sich ein spannender Dreikampf um den verbliebenen Podestplatz anzubahnen, denn Sebastian Nitsche von BMW DHfK Leipzig wurde dicht gefolgt vom Vorjahreszweiten Christoph Weigel (USV Erfurt) und 2014-Sieger Heiko Ludewig (LTV Erfurt).
Doch der Leipziger Nitsche, 2012 schon einmal Dritter beim Marathon, setzte sich noch vor der Halbmarathonmarke deutlich ab. Nach den schweren Anstiegen vom Burgberg und Morast kämpfte er sich sogar an Moritz Auf der Heide heran und übernahm am Dreiherrenstein Platz zwei. Der Podestplatz schien ihm sicher, zumal es ab dem Dreiherrenstein fast nur noch bergab geht.
Der im Vorfeld hoch gehandelte Christoph Weigel hatte zu diesem Zeitpunkt als Vierter schon über eine Minute Rückstand auf das Podest. Heiko Ludewig war sogar noch deutlicher zurückgefallen. Von Schmerzen geplagt musste er schon zur Hälfte des Rennens immer wieder kurze Pausen einlegen und dachte zwischenzeitlich daran, ganz auszusteigen.
Christoph Weigel zeigte dagegen auf den letzten acht Kilometern, dass er sich die Kräfte am besten eingeteilt hatte. Während Moritz Auf der Heide sich vorne den zweiten Platz zurückeroberte, stürmte Weigel noch an Sebastian Nitsche heran und übernahm den dritten Platz. An dieser Reihenfolge änderte sich bis Schmiedefeld nichts mehr, so dass sich Moritz Auf der Heide bei seiner Premiere über Silber in 2:41:54 Stunden freuen konnte. Christoph Weigel schaffte in 2:42:32 Minuten seinen zweiten Podestrang in Folge. Er flog förmlich ins Ziel, absolvierte den Schlussabschnitt fast genauso schnell wie Sieger Marcel Krieghoff. Gegenüber der etwas längeren Vorjahresstrecke steigerte er sich um über zehn Minuten.
Für Sebastian Nitsche reichte es in 2:44:01 Stunden am Ende nur zum vierten Rang. Der zweite Platz in seiner Altersklasse 30 war da wohl nur ein kleiner Trost. Dahinter erreichte Heiko Ludewig als Fünfter in 2:46:25 Stunden doch noch ein beachtliches Resultat.
Insgesamt 16 Männer knackten in diesem Jahr die magische 3-Stunden-Marke. Damit war das Leistungsniveau wieder deutlich höher als 2015, wo eine solche Zeit – allerdings auf einer etwas längeren Strecke – nur fünf Athleten schafften.
Auch im Frauenrennen sorgte eine Rennsteig-Debütantin für Furore: Annika Krull vom Team Hamburger Laufladen. Die 28-Jährige ging bei ihrem vierten Marathon offensiv ins Rennen und war schon in Masserberg klar in Führung. Und dass, obwohl es ihr erster anspruchsvoller Wettkampf im Gelände war – und ihr außerdem noch der Hamburg-Marathon in den Beinen steckte. Erst vier Wochen zuvor hatte sie dort mit 2:54:23 Stunden eine neue Bestzeit aufgestellt. „Ich bin Berge eigentlich überhaupt nicht gewöhnt“, sagte die frühere ambitionierte Weitspringerin und Mehrkämpferin später. Mit zwei Trainingsläufen im hügeligen Gelände nahe Hamburg hatte sie sich auf den Rennsteiglauf vorbereitet.
War das Tempo also vielleicht zu schnell für sie? Mitfavoritin Kristin Hempel vom USV Erfurt lag zur Halbmarathonmarke nur rund eine Minute zurück. Als frühere Marathon- und Supermarathonsiegerin ging sie mit der größeren Rennsteigerfahrung ins Rennen. Und im Herbst war sie bei der Deutschen Marathonmeisterschaft in Frankfurt zudem nur wenige Sekunden hinter Annika Krull ins Ziel gekommen. Doch auch Hempel hatte erst Ende April in Dresden einen Marathon absolviert und nur wenig Zeit zur Erholung gehabt.
Aus einem Duell auf Augenhöhe wurde nichts, denn die Hamburgerin Krull baute ihren Vorsprung kontinuierlich aus. Am Dreiherrenstein waren es fünf Minuten, am Ende dann sogar fast sieben. Nach 3:08:56 Stunden stoppte für sie die Uhr. Die sympathische Siegerin war nach ihrer Rennsteig-Premiere voll des Lobes. „Es hat so viel Spaß gemacht, die Strecke ist so abwechslungsreich und so viel interessanter als ein Stadt- oder Straßenmarathon“, sagte sie. „Ich glaube, ich komme im nächsten Jahr wieder.“
Im nächsten Jahr wiederkommen dürfte auch Kristin Hempel, die sich bei ihrem mittlerweile siebten Rennsteiglauf in 3:15:50 Stunden den Silberrang sicherte. Somit gingen in diesem Jahr gleich drei Podestplätze in der Marathon-Gesamtwertung an den USV Erfurt.
Im Kampf um Rang drei ging es weniger dramatisch zu als in der Männer-Konkurrenz. Bianca Josten vom Team Ironafter, am Rennsteig schon Vierte im Marathon und Supermarathon, schaffte es diesmal endlich auf das Treppchen. Bis Kilometer 34 war sogar Platz zwei in Reichweite, bis auf 20 Sekunden hatte sie sich an Kristin Hempel herangezogen. Doch am Ende schwanden ihr etwas die Kräfte.
Das konnte auch ihr prominenter Mitläufer nicht ganz verhindern: Rennsteiglauf-Legende Christian Seiler hatte seine Ankündigung wahrgemacht und war erstmals als Freizeitläufer an den Start gegangen. Damit ging eine unglaubliche Serie von zehn Siegen bei zehn Teilnahmen endgültig zu Ende. Dass er Bianca Josten begleitete, war so nicht geplant. „Das hat sich unterwegs ergeben“, sagte Seiler. Im Trikot des Rennsteiglaufvereins lief er nach 3:18 Stunden über den Zielstrich. Für Bianca Josten gingen ein dritter Platz und 3:18:08 Stunden ins Protokoll ein.
Die Vierte Janett Pertsch aus Hermsdorf kam als AK-45-Läuferin zu einem beachtlichen Resultat von 3:21:00 Stunden. Sieben Frauen blieben unter 3:30 Stunden. Der mehrmaligen Siegerin und Podestläuferin Anja Jakob aus Klingenthal gelang das diesmal nicht ganz, sie wurde Achte.
Insgesamt 3091 Läufer erreichten das Ziel in Schmiedefeld, fast 400 mehr als im Vorjahr. Der späte Termin im Jahr und das gute Wetter dürften dabei eine Rolle gespielt haben, vielleicht auch ein Werbeeffekt durch die Verkürzung der Strecke auf die klassische Marathondistanz. Zur 45. Auflage des Rennsteiglaufs im Jahr 2017 dürfte dann wohl noch ein kleiner Jubiläumsbonus hinzukommen. Überraschungssiege und spannende Kämpfe um Podestplätze sind auch dann wieder nicht ausgeschlossen…