Die 11. Auflage des Rennsteig-Staffellaufs wird als eine Veranstaltung der Rekorde erinnert werden. Mit 202 Staffeln erreichten so viele Teams wie noch nie das Ziel im westthüringischen Hörschel. Bei den Männer- und Mix-Staffeln blieben gleiche mehrere Teams unter den bisherigen Streckenrekorden. Und Iris Enzian aus Erfurt gelang es als erster Läuferin, den 171,3 Kilometer langen Rennsteig im Rahmmen des Staffellaufs ganz allein zu bewältigen.
Iris Enzian hat es geschafft: Sie hat als erste Frau den Rennsteig im Rahmen des Staffellaufs alleine laufend bezwungen. Sie war am Freitagabend um 17 Uhr in Blankenstein gestartet und erreichte das Ziel in Hörschel eine knappe Stunde nach den schnellsten Männern nach 25:13:15 Stunden. Schon einmal hatte sie es versucht, damals jedoch auf den letzten Kilometern aufs Fahrrad steigen müssen. Damit ist sie nach Guido Kunze (2004, 20:37:39) und Jörg Kupfer (2006, 18:43:45) die Dritte, die den Rennsteig im Rahmen des Staffellaufs als Einzelläuferin gelaufen ist.
Wie immer war der Staffellauf vor allem ein Wettbewerb zwischen Mannschaften, die sich nur für dieses Ereignis zusammengefunden hatten. Nur wenige Leichtathletikvereine nutzen den Staffellauf als Gelegenheit, sich miteinander zu messen. An Interesse der laufstarken Vereine und Athleten fehlt es nicht: Oft starten nahezu zehn Läufer eines Vereins beim Staffellauf, tragen aber für verschiedene Staffeln den Staffelstein über den Rennsteig. Über Motive kann man nur mutmaßen: Fühlen sich viele Läufer ihren Vereinen nicht zugehörig? Oder treten sie nur deshalb für Fantasievereine an, weil die Veranstaltung für sie nur Spaß und nicht Wettstreit ist? Lediglich ein Motiv für die Zusammenstellung auserlesener Staffeln ist offensichtlich: Der Wunsch, den Staffellauf zu gewinnen. Und so siegten auch in diesem Jahr in allen Kategorien Teams, deren Läufer sonst nicht für dieselben Vereine starten.
Männer-Staffeln
Das galt in diesem Jahr auch für den Laufclub Erfurt, der seit 2005 unter dem Namen seines Sponsors – früher ThüringenGas, heute eon – beim Staffellauf an den Start geht. Die Erfurter standen durch den Wechsel der großen Trainingsgruppe von Enrico Aßmus zum Erfurter LAC vor Personalproblemen. Deshalb versuchten sie in der Thüringer Laufszene ambitionierte Athleten für ihre Staffel zu rekrutieren. Offenbar ohne großen Erfolg, denn mit Manuel Meyer aus Wattenscheid, Christian Schrutek aus Cottbus und Benjamin Lindner aus Berlin mussten gleich drei Läufer weit reisen, um die Erfurter beim Staffellauf zu verstärken.
Beim Rennsteig-Staffellauf waren die Erfurter bislang stets vom Pech verfolgt. Von ihren vier Teilnahmen hatten die stets hochfavorisierten Leistungssportler aus Erfurt nur eine gewinnen können – da aber mit Streckenrekordzeit. Bei den anderen Starts bremsten sich die Schützlinge von Dieter Hermann manchmal dadurch aus, dass sie den richtigen Weg nicht fanden. So geschah es auch im Vorjahr, als der Schlussläufer der Erfurter nicht den schnellsten Weg nach Hörschel lief und so „Günters Männer ohne Waffen“, eine Staffel aus Thüringens besten Skilangläufern, vorbeiziehen ließ. Auch den Streckenrekord ließen sich die Erfurter Läufer von den ungleichen Gegnern aus dem Wintersport wegschnappen.
Die Erfurter waren heiß auf den Sieg und den Rekord und ließen die Konkurrenz dies von Beginn an spüren. Auf den ersten sechs Etappen liefen stets Läufer der eon-Staffel die Streckenbestzeit. Michael Müller (Etappe 1) und Manuel Meyer (Etappe 5) stellten dabei inoffizielle Etappenbestzeiten auf. Von ihrem eigentlich beruhigenden Vorsprung auf die Skiläufer verloren die Erfurter dann bis ins Ziel zwar noch einmal knapp sieben Minuten, konnten aber dennoch als sichere Sieger mit der Streckenrekordzeit von 10:11:32 Stunden in Hörschel einlaufen. Die erneut starken Skilangläufer folgten auf Rang 2 und blieben mit 10:15:47 Stunden ebenso unter dem alten Streckenrekord wie die drittplatzierten Läufer vom Town & Country Haus Laufteam (10:19:26). Dahinter blieb der TSV Ostheim, Sieger von 2007, als einziges Team in 10:34:51 noch unter 11 Stunden.
Der Rennsteiglaufverein verpasste die 11-Stunden-Marke um knapp fünf Minuten, konnte aber den fünften Platz des Vorjahres trotz langsamerer Zeit wiederholen. Keine Rolle spielten diesmal die Dauerbrenner Laufladen Erfurt/Jena und TU Ilmenau Runners, deren Läufer sich jeweils bereits auf Etappe 2 verliefen und wertvolle Minuten einbüßten. Der Laufladen-Athlet Steffen Tostlebe brauchte gar ganze 32 Kilometer um von Grumbach zur Schildwiese zu gelangen – bei einer ausgeschriebenen Streckenlänge von 20,1 Kilometern.
Mix-Staffeln
Das Laufteam Erfurt galt vor dem Staffellauf als klarer Favorit auf den Mix-Titel. Die Gruppe aus ambitionierten Erfurter Hobbyläufern hatte auch selbst auf den Sieg geschielt. Mit zwei starken Nachwuchsläufern hatte sich das Team verstärkt: Dem Deutschen Juniorenmeister über 10.000 Meter, Rico Schwarz, und der der Berglauf-WM-Teilnehmern Carolin Tuch. Ab der dritten Etappe lagen die Erfurter an der Spitze der Mixstaffeln und hatten den Rennsteig stundenlang für sich allein. Erst spät überholten die eine Stunde später gestarteten Männerstaffeln das Laufteam. Nur ein Verläufer hätte den Erfurtern den Sieg kosten können. Doch dazu kam es nicht. In 11:36:16 Stunden pulverisierte das Team den bisherigen Rekord für Mixstaffeln von 12:12:25 Stunden, den die Staffel „Hase und Igel“ 2003 aufgestellt hatte.
Auch die Vorjahressieger vom Sportteam Steinbach blieben in 11:55:15 Stunden noch deutlich unter dem alten Rekord. Einige Steinbacher liefen dabei bemerkenswert stark: So verbesserte sich Rennsteiglauf-Siegerin Stefanie Wiesmair auf Etappe 4 von der Neuhaus nach Masserberg um beachtliche 4:27 Minuten.
Dahinter kam es zu einem spannenden Duell um den dritten Platz, das den sportlichen Reiz und die Spannung des Staffellaufs beispielhaft verdeutlicht: Die Staffel „Wipper-Runners“, mit starken Läufern aus der Region Sondershausen gespickt, war um 5 Uhr morgen furios in den Staffellauf gestartet und hatte an Wechselstelle 2 bereits eine beachtliche 5-Minuten Führung vor dem Laufteam Erfurt herausgelaufen. Doch bis zum Start der Etappe 4 stürmten gleich drei Staffeln wieder an den Wipper-Runners vorbei – allen voran die pfeilschnelle Nachwuchsläuferin Carolin Tuch vom Laufteam Erfurt. Bis Allzunah fielen die Wipper-Runners immer weiter zurück und lagen nun 19 Minuten hinter den drittplatzierten Arnstädtern.
Auf den Folgestrecken holten sie dann aber rasant auf. Der Schlussläuferin der Wipper-Runners, Christiane Wehling, gelang es sogar, den verbliebenen 7-Minuten-Rückstand auf die Arnstädter zu tilgen. Einen halben Kilometer vorm Ziel erspähte sie die Schlussläuferin der Arnstädter vor sich. Doch trotz Endspurts schaffte sie es nicht, die Lücke ganz zu schließen. Am Ende liefen die Wipper-Runners nach 12:37:13 Stunden mit einem winzigen Rückstand von 14 Sekunden auf Platz 4. Kaum nachzuempfinden, wie aufregend die letzten Stunden des Staffeltags für beide Teams gewesen sein mussten.
Der Jubel der Arnstädter Staffel war dagegen groß: Schließlich gelang ihnen nach einem schwachen Auftritt 2008 (Platz 7 in 13:17 h) nun eine Bestzeit und erneut ein Platz unter den ersten drei Mixstaffeln. Im Jahr 2007 waren die Arnstädter mit Platz 2 erstmals auf dem Podest gelandet, nachdem sie rekordverdächtige fünf Jahre lang daran immer knapp vorbeigeschrammt waren. Vier Mal landeten sie zuvor auf dem vierten Rang, ein Mal auf Rang 5.
Frauen-Staffeln
Nur elf reine Frauen-Staffeln stellten sich der 171,3 Kilometer langen Laufreise. Die Sport Luck Frauen hatten in diesem Jahr „lockeres Laufen“, denn die im Vorjahr unschlagbaren „bewaffneten Frauen“ rannten diesmal nicht über den Rennsteig. In 13:42:22 Stunden waren die siegreichen Sport Luck Frauen etwas langsamer als in den Vorjahren. Platz zwei ging an die 48er VR Bank Frauen-Power Coburg mit 14:52:52 Stunden vor den Mühlhäuser Laufmäusen mit 15:18:38 Stunden.
Regen prasselte aufs Läuferfest in Hörschel
Am Zielort Hörschel gab es einige Veränderungen, die bei den erschöpften Läufern und Radbegleitern noch mehr Feierstimmung aufkommen lassen sollten. Die Musik im Zielort Hörschel kam nicht von CDs, sondern aus der Kehle eines Musikers. In den aufgestellten Zelten fanden die verschwitzten Läufer Schutz vor dem Regen, der gegen 19 Uhr auf Hörschel niederprasselte.
Die Zeitnahme über SportIdent klappte zuverlässig – auch wenn es an den Wechselstellen ab und an zu Verzögerungen kam, weil das Zeitmessgerät den Chip nicht erkennen wollte. Das ließ die Läufer der ambitionierteren Staffeln gelegentlich fluchen und schimpfen, weil der Chip hektisch aus der Handgelenktasche gefummelt werden musste. Einige Ungereimtheiten in der Ergebnisliste werden sicher noch korrigiert.
Die Streckenmarkierung wird von Jahr zu Jahr besser, was einige Staffeln trotzdem nicht davor bewahrt, den falschen Pfaden zu folgen. Das Rennsteig-R, zusätzliche Hinweisschilder und gelegentlich Absperrbänder kennzeichneten die Strecke. Die ein oder andere zusätzliche unangekündigte Kontrollstelle wäre wünschenswert gewesen, um schamlos abkürzende Läufer/Staffeln zu entlarven und zu bestrafen. Denn auch solche Teilnehmer sind leider weiterhin unterwegs.
An den Wechselstellen und im Ziel war die Parkplatzsituation zwar angespannt, aber nicht chaotisch. Die Organisatoren könnten sich also durchaus überlegen, in den nächsten Jahren versuchsweise noch einigen weiteren Staffeln die Teilnahme am Erlebnis Rennsteig-Staffellauf zu ermöglichen.