Auf der „Kurzstrecke“ des Rennsteiglaufs, dem Halbmarathon, konnten zur 46. Auflage die Titelverteidiger des Vorjahres sowohl bei den Damen als auch bei den Herren ihre Siege verteidigen. Und dies machten Samsom Hayalu Tesfazghi (SV Sömmerda) und Anne Barber (LC Ron Hill Berlin) in absolut souveräner Manier, bogen sie doch beide mit deutlichem Vorsprung vor ihrer Konkurrenz als jeweils Erste des Rennens auf die lange Zielgerade des Schmiedefelder Sportplatzes ein.
Aber der Reihe nach: Bereits um 6 Uhr tummelten sich jene 6.721 Rennsteigläufer (Vorjahr: 6.506), die sich für den Halbmarathon entschieden hatten, auf dem langgezogenen Startgelände der Tambacher Straße in Oberhof. Die Sonne sorgte zu diesem Zeitpunkt bereits für Temperaturen um die 15 Grad Celsius, die im Verlauf des Rennvormittags weiter auf deutlich über 20 Grad ansteigen sollten.
Das warme Wetter, aber vor allem die im Vorfeld angekündigte Streckenänderung zwischen Sommerwiese und Großem Beerberg-Anstieg sorgten für etwas langsamere Laufzeiten im gesamten Starterfeld, die bei den Spitzenläufern zu einem Zeitaufschlag von etwa drei Minuten führten.
Samsom Hayalu Tesfazghi, ein Exil-Eriträer, der seit vier Jahren in Deutschland lebt und bei seinem letztjährigen allerersten Start am Rennsteig auf Anhieb den Gesamtsieg holte, gab seiner Konkurrenz um den mehrmaligen Podestplatzierten Tom Thurley (Potsdamer LC) von Anfang an zu verstehen, dass er an diesem Tag nicht zu schlagen sein würde. Er übernahm vom Start weg die Führung, baute sie über den höchsten Punkt der Strecke, dem Großen Beerberg (KM 9) bis zur Zwischenzeitnahme am Gasthof Schmücke (KM 12) auf zweieinhalb Minuten aus, um diesen Vorsprung auf der zweiten Streckenhälfte bis ins Ziel zu verwalten.
So erreichte er als erster Läufer um 8:43 Uhr in einer Zeit von 1:13:02 Stunden – begleitet von ohrenbetäubenden Böllerschüssen und frenetisch gefeiert von den vielen Zuschauern – das Zielareal des Rennsteigklassikers. Mit etwa dem selben Rückstand wie 2017, dennoch um einen Rang verbessert, überquerte der von vielen als Top-Favorit gehandelte Tom Thurley (Potsdamer LC) in 1:14:46 Stunden als Gesamtzweiter die Zeitmatte. Der 25-jährige Thurley, der bereits seit seiner Kindheit beim Rennsteiglauflauf bzw. Juniorcross startet, holte damit seinen insgesamt vierten Podestplatz hintereinander beim Halbmarathon, wenngleich ihm sein erster Sieg weiterhin verwehrt blieb.
Überraschend auf Rang drei kam der 52-jährige Mike Poch (TSG Guts Muths Quedlinburg), der eine Laufzeit von 1:17:12 Stunden erreichte. Poch, dessen Name -zumindest in den letzten Jahren – nicht in den Startlisten des Rennsteiglaufs zu finden war, holte in der Vergangenheit unter anderem schon DM-Titel seiner Altersklasse im Marathon.
Damit war das Siegerpodest seit vielen Jahren komplett unter „auswärtiger Kontrolle“, da der beste einheimische Läufer aus Thüringen erst auf Rang vier einkam. Dennoch war diese Platzierung für den blutjungen U18-Leichtathlet Roman Freitag (Eisenacher LV) ein Riesenerfolg. Der Vizemeister der letzten Cross-DM, Mitteldeutsche Meister über 3.000 Meter sowie Thüringer Berglaufmeister, der seit dieser Saison auch die Thüringer Volkslaufszene gehörig aufmischt, verbesserte sich gegenüber dem Vorjahr um sechs Minuten bzw. 50 Ränge. Mit Alexander Fritsch (1:19:08h, Rennsteiglaufverein/LG Süd), Patryk Bryn (1:20:38h, WSV Oberhof) sowie Toni Keller (1:20:56h, Rennsteiglaufverein) erreichten drei weitere Sportler aus Thüringen bzw. Thüringer Vereinen eine Top 10-Platzierung.
Bei den Damen reihte sich die Titelverteidigerin Anne Barber (LC Ron Hill Berlin) vom Start weg hinter der bis zum Großen Beerberg (KM 9) führenden, von Experten als Favoritin gehandelten Tinka Uphoff (Spiridon Frankfurt) ein, um das Rennen zu kontrollieren. Auf dem höchsten Punkt der Strecke hatten die Beiden ihre übrigen Widersacherinnen bereits um über eine Minute hinter sich gelassen. Von hier an spielte die spätere Siegerin ihre ganze Rennsteigerfahrung aus, um Tinka Uphoff abzuschütteln. So baute sie bis Kilometermarke 12 ihren Vorsprung deutlich auf anderthalb Minuten aus.
Anne Barber, die Berliner Humboldt-Uni-Studentin, deren Mutter Elke im Jahr 2000 ebenfalls den Rennsteig-Halben gewinnen konnte, entstammt einer laufbegeisterten Familie, startete doch die ganze Familie beim diesjährigen Rennsteiglauf. Die Siegerin konnte in ihrem fünften Anlauf bereits ihre vierte Podestplatzierung erringen, zudem gewann sie als Schülerin den Juniorcross. Wie entfesselt erreichte sie den Zielort Schmiedefeld, und mit ihren fast vier Minuten Vorsprung wurde sie dort zu Recht als überlegene Titelverteidigerin mit einer Siegerzeit von 1:24:57 Stunden gefeiert.
Im Kampf um den zweiten Platz wäre es fast nochmal spannend geworden. Hinter Tinka Uphoff (1:28:52 Stunden), die erstmals am Rennsteiglauf teilnahm, wurde die Eckernförder Triathletin Anine Hell (Auslaufmodelle) in 1:29:07 Stunden und 15 Sekunden Rückstand Gesamtdritte.
Somit hatte die Biathletin Lisa Lohmann (WSV Oberhof) beim Kampf um das Podium nach 2017 erneut das Nachsehen und wurde erneut „nur“ Vierte. Im Vergleich zum Vorjahr, wo sie äußerst knapp zeitgleich zur Drittplatzierten unterlegen war, war Lohmann diesmal in 1:31:22 Stunden zwar eine deutlich Geschlagene, ihre in etwa identische Laufzeit ist jedoch aufgrund der erheblich anspruchsvolleren Strecke als eindeutig stärker zu bewerten.
So war auch in der Damenkonkurrenz das Podest voll in der Hand von Läuferinnen außerhalb Thüringens. Dennoch erreichten mit der U20-Athletin Cindy Kammler (1:34:21h, Rhöner WSV) und Anna Haueis (1:35:15h, Eisenach) zwei Thüringerinnen sehr gute Platzierungen in den Top 10 der Gesamtkonkurrenz.
Laufszene Thüringen gratuliert allen Rennsteigläufern – völlig unabhängig von Podiumsplatzierung, Zeiten und Rekorden – zu ihrem erfolgreichen Rennsteiglauf, denn alle sie sind es, die die Veranstaltung zu dem machen, was er ist: Der Kultlauf am Rennsteig…