Vor 10 Jahren bin ich das erste Mal die 51 Kilometer der Harzquerung von Wernigerode nach Nordhausen gelaufen. Fast nichts hat sich seit damals geändert, nur die Bäume sind etwas größer geworden und die DDR-Turnhalle „Unter den Zindeln“ in Wernigerode wurde durch einen Neubau ersetzt. Damit man den nicht dreckig macht, gibt es jetzt die Startunterlagen 200 Meter weiter. Wobei Startunterlagen ein großes Wort ist – es gibt eine kleine Startnummer ohne Werbung, was sehr angenehm ist, einen Wollfaden und einen gelochten Papierstreifen als Gepäckanhänger. Auch die Internetseite aus dem Jahr 2004 wurde nur durch neuere Ergebnisse ergänzt und hat ansonsten ihren Charme behalten.
Wie immer legt man sein Gepäck am Start auf einen Haufen in eine Bushaltestelle, ohne das irgendjemand sichtbar wäre, der sich darum kümmert. Aber natürlich kommt alles zuverlässig in Nordhausen oder für die Kurzstrecke in Benneckenstein an. Kein Bürgermeister hält vor dem Start Reden und kein Lautsprecher plärrt. Irgendwann fällt ein Schuß und es geht los.
Auf den ersten drei Kilometern hat man 250 Höhenmeter und einige querliegende Bäume, aber das macht auch den Reiz aus. Nur ein kleiner Teil der Läufer kämpft hier um Plätze und Zeiten. Die meisten sind Genußläufer und Laufsammler. So drehen sich viele Gespräche um die Läufe an vorherigen und kommenden Wochenende. Alle genießen die grünende Natur bei sonnigem und kühlen Laufwetter. Leider geht es dieses Jahr nicht über den Damm der Zillierbachtalsperre. Überhaupt gibt es einige kleine Streckenänderungen, da wohl auf dem normalen Weg einige Bäume quer liegen. An der ersten Verpflegungsstellen nach 11 Kilometern gibt es wie immer die Getränke aus den Restbeständen der DDR-Grenztruppen.
Immer dabei ist Roland Winkler. Der heute 71-jährige flog mit 25 Jahren aus dem DDR-Laufkader wegen Perspektivlosigkeit. Er lief den Marathon damals nur in 2:17 Stunden. Auch er kämpft heute nicht mehr um Zeiten und erzählt lieber seine spannenden Geschichten.
Bei Kilometer 20 biegt ein Teil der Läufer Richtung Benneckenstein ab, wo sie nach 25 Kilometern in das Ziel kommen. Die Sieger kommen beide vom NSV Wernigerode. Fabian Stagge brauchte in 01:46:03 und Nadine Noack 01:55:53 Stunden.
Die zweite kürzere Strecke startet in Benneckenstein und kommt bald auf die Haupstrecke nach Nordhausen. Diesen Lauf über 28 Kilometer gewinnen Maik Heckl vom SV Hermannsacker in 02:19:22 Stunden und Melanie Gragert vom Pritzwalker Lauftreff in 02:50:04 Stunden.
Die zweite Hälfte der Strecke ist vielleicht die schönere. Immer wieder führt der Weg über kleine Stege und steile Pfade, die anderswo Trails heißen. Hinter dem Sophienhof bei Kilometer 30 geht es 4 Kilometer bergab, anfangs einen herrlichen Hangweg und dann neben der Harzquerbahn entlang. Dieses Jahr ist es hier schon besonders buchengrün.
Ab Kilometer 34 müssen die Läufer lange bergauf zum Poppenberg – 4 Kilometer mit 300 Höhenmetern. Auch der steile Abstieg danach auf ausgewaschenen Wegen hat es in sich. Dafür entschädigt das hübsche Städtchen Neustadt, das die Läufer auf der Hauptstraße druchqueren.
Auf den letzten Kilometern fordern noch einmal drei frühlingshaften Hügel, die im Profil unscheinbar wirken. Dann sieht man die Häuser Nordhausens und erreicht bald das Ziel, wo die Zeit mit der Hand gestoppt wird.
Die langen Strecke gewannen bekannte Ultraläufer. Frank Merrbach von LG Nord Berlin Ultrateam hatte im letzten Jahr beim Supermarathon auf dem Rennsteig gesiegt und kommt in Nordhausen nach 03:39:14 Stunden mit fast einer Viertelstunde Vorsprung als Erster in das Ziel. Marita Wahl ist die Rekordhalterin beim Rennsteigetappenlauf. Die für den Rennsteiglaufverein startende Brandenburgerin aus Blankenfelde-Mahlow benötigte als Siegerin der Frauen 04:32:52 Stunden.
Während es als Siegprämie traditionsgemäß praktische Dinge gibt, erhalten alle Läufer statt einer Medaille als Zielprämie einen Aufnäher und einen Stift. Eigentlich braucht auch man weder zum 40. Jubiläum noch in den nächsten 10 Jahren nichts zu ändern. 526 Läufer auf der langen Strecke und 149 auf den beiden kürzeren können nicht irren.