Rund 6.300 Starter – neuer Teilnehmerrekord beim 6. Thüringer Unternehmenslauf in der Landeshauptstadt Erfurt– da kann auch die „Thüringer Laufszene“ nicht umhin kommen, zu berichten. Dennoch ist die Frage, ob es sich bei dem Event um einen Lauf oder mehr ein Unternehmen handelt, damit nicht entschieden. Positiv: 6.000 Menschen, die sich sonst eher selten zügig laufend fortbewegen, schwitzten sich an dem Abend kollektiv durch die Erfurter Innenstadt.
Der Rest bildete so etwas wie ein Elitefeld und sprintete vorneweg. Verteilt auf verschiedene Unternehmensmannschaften tauchte am Start ein Großteil der Thüringer Spitzenläufer auf, allen voran der Rennsteiglaufsupermarathon-Mann Christian Seiler, der für die Firma Bauerfeind lief. Mit Marcel Knape (Team FDP-Landtagsfraktion) und Marcel Bräutigam (Team Thüringer Innenministerium) lief er bis Kilometer 3 zusammen. Dann legte er noch eine Schippe drauf und siegte in 13:20 Minuten mit 16 Sekunden Vorsprung auf Marcel Knape und Marcel Bräutigam, der in seinem Facebook-Eintrag 13:49 als Zielzeit angab.
Alle Zeiten ohne Gewähr, denn zwei Tage nach dem Lauf konnte der Veranstalter auf Nachfrage selbst noch keine Ergebnisse liefern. Die Strecke – offiziell mit 5 Kilometern angegeben – betrug je nach verwendetem GPS-System zwischen 4,5 und 4,6 Kilometern. Ein Zeitmess-System gab es auch bei der 6. Auflage des Laufes nicht, so dass die Läufer alle auf ihre Handstoppung angewiesen waren und der Veranstalter auf die ehrliche Meldung via Internet. Ein Unding bei einem Lauf dieser Dimension.
Natürlich kann man auf den Fun-Charakter der Veranstaltung verweisen, nicht aber den guten Zweck dabei als Grund anführen. Dass es bei deutlich kleineren Läufen professioneller zugeht, beweist zum Beispiel der Staffellauf „Erfurt rennt“, zwei Wochen zuvor an gleicher Stelle. 350 Starter, exakte Rundenzählung mit Chips der Firma Sportident, eine Stunde nach dem Zieleinlauf wurden die Sieger geehrt. Der Erlös der Veranstaltung – für jede gelaufene Runde zahlten Sponsoren 2,50 Euro – ging komplett an den Verein Springboard to learning e.V., der sich für Verständigung zwischen den Kulturen einsetzt. Alle Organisatoren inklusive der Zeitmessfirma bringen sich unentgeltlich ein. Auch andere Unternehmensläufe z.B. in Mühlhausen oder Arnstadt spenden 80 bis 100 Prozent der Startgebühren an das Kinderhospiz Mittelthüringen.
In Erfurt bringen 6.300 Läufer mit der Startgebühr von je 24 Euro mehr als 150.000 Euro in die Kasse der veranstaltenden Marketingagentur, die davon 650 Euro an die Kinderkrebshilfe weiterreicht. Noch gar nicht eingerechnet die weiteren Sponsoringleistungen der Firmen und der Medien.
Dass bitte keine falscher Eindruck entsteht: gern hätte der Autor mehr über Ergebnisse und Leistungen berichtet, aber die waren dem Wirtschaftsteil der Zeitung nicht zu entnehmen, sollen aber ab 12. Juni im Internet verfügbar sein.Was der Run auf den Unternehmenslauf und die Beteiligung der Thüringer Spitzenläufer anbetrifft, so ist allerdings festzustellen, dass Erfurt eindeutig das Potenzial für einen guten Stadtlauf – vielleicht sogar ein City-Marathon hätte. Wenn man freie Bahn hat, macht es richtig Spaß durch die Kurven der Altstadt zu jagen.
Der Dom bildet eine imposante Kulisse für Start- und Zielfotos. Die Stimmung in der Stadt ist durchaus läuferfreundlich. Die Unternehmen und Stadt sind offenbar so engagiert, dass es eigentlich machbar sein müsste, einen richtigen Laufwettkampf in Erfurt auszurichten.
Fotos: Gordon Schmidt
14.06.2014: Ergänzung zum Beitag durch
Theresa Dreyße, RUN Thüringer Unternehmenslauf GmbH
10 Sportvereine erhalten insgesamt 7.500 Euro, 3.000 Euro waren aus der Buchung der Spitzensportler als Paten zusammengekommen, um weitere 4.500 stockte der Thüringer Unternehmenslauf auf. Neben den Sportvereinen hat auch die Thüringer Kinderkrebshilfe Zuwendungen erhalten, dank des Engagements der Deutschen Bahn 650 Euro, weitere 650 Euro kamen vom Unternehmenslauf. Wir würden uns freuen zu erfahren, welche Laufveranstaltung in Thüringen mehr Spendengelder aufbringt.
Die Frage, ob wir ein Wirtschaftsunternehmen sind, ist klar mit „ja“ zu beantworten. Alle Mitarbeiter und zusätzlichen Kräfte werden entlohnt, freiwillige, unbezahlte Helfer beschäftigen wir nicht. Der Kostenaufwand für einen innerstädtischen Lauf ist erheblich und, vergleicht man Startgebühren von Stadtmarathons mit den unseren, wird schnell klar, dass es hier keine finanzielle Spielräume gibt.
Wir sind ein kleines Unternehmen, erwirtschaften die Spenden nicht durch den Lauf, sondern durch die Geschäftstätigkeit unserer Agentur, spenden freiwillig und bedauern, dass es von Ihrer Seite so nicht wahrgenommen wird. Die Vereine jedenfalls freut´s. Das ist unser Ansporn.
Der weltgrößte Lauf, der J.P. Morgan Chase (rund 70.000 Läufer), geht bei der Zeitnahme oder auch „Nicht -Zeitnahme“ exakt genauso vor wie wir oder besser gesagt, haben wir das von dort übernommen. 2010 hatten wir eine professionelle Zeitnahme angeboten, die wurde von nur 84 Läufern genutzt und deshalb haben wir gemeinsam mit dem Laufexpertenteam (allesamt Profis in Sachen Lauf) entschieden, dies nicht wieder anzubieten und dem ursprünglichen Konzept treu zu bleiben. Die fehlende offizielle Zeitnahme ist gewollt.
Uns würde freuen, wenn auch schnelle Läufer sich der Idee öffnen würden, Menschen zu bewegen, die dies sonst nicht von sich aus tun. Die Weltklassesportler, die den Unternehmenslauf unterstützen (Olympiasieger, Weltmeister) jedenfalls tun dies, um die doch deutlich von anderen Laufveranstaltungen differierenden Ziele zu befördern. Dazu gehören Gesundheitsförderung, Teambuilding und Kommunikation für Unternehmen u.a., aber nicht der Sieg des Einzelnen.
Gern können wir hierzu in einen konstruktiven Dialog eintreten. Wir sind dazu gern bereit.
In der heute nun endlich veröffentlichten Ergebnisliste wird Stefan Jessing als Einzelsieger geführt. Wie er sich aber unbemerkt an den drei Rennsteiglaufsiegern vorbeigeschlichen hat, um 19 Sekunden vor Christian Seiler im Ziel zu sein, ist rätselhaft. Geht aber natürlich theoretisch. Hinten angestellt und dann elegant durch die ganzen langsamen Läufer geschlängelt. Vielleicht ging auch seine Uhr falsch oder er hat sich bei der Eingabe vertippt. Passt auf jeden Fall zu den anderen Ungereimtheiten…
Auf Bitten der RUN Thüringer Unternehmenslauf GmbH haben wir heute unseren Beitrag mit den Angaben des Veranstalters ergänzt.
Zuerst ist wirklich sehr positiv zu erwähnen, dass mehr als 6000 Läufer bei einem Lauf in Erfurt am Start waren. Das findet man neben dem Rennsteiglauf sonst nirgendwo in Thüringen. Das ist ein großer Erfolg, ebenso dass Spendengelder an verschiedene Einrichtungen weitergegeben werden! Nichts desto trotz finde ich eine Siegerehrung für die schnellsten Läufer/Läuferinnen als wünschenswert!
Wenn sie nach dem Vorbild des J.P. Morgan Run handeln, dürfte Ihnen aber nicht entgangen sein, dass die schnellsten 6 Personen (männlich/weiblich) auf der Bühne kurz nach dem Wettkampf geehrt werden und hochwertige Sachpreise erhalten + Angabe der Zielzeiten auf der Homepage.
Wie können die Veranstalter denn die Siegerehrung unmittelbar nach dem Wettkampf ohne Zeitnahme durchfuhren?
Ich würde an Sie appellieren, sich eine solche Möglichkeit für das kommende Jahr offen zu halten die Tagesschnellsten dem Publikum vorzustellen und zu ehren. Für Sie dürfte es doch sicher auch erfreulich sein, wenn die schnellsten Thüringer Läufer am Start ihres Laufes stehen und damit Werbung machen oder etwa nicht?
Natürlich sollte meiner Meinung nach der Spaß und die Initiative sich gemeinsam sportlich zu betätigen im Vordergrund stehen.
Hallo Frau Dreyße, ich möchte gern Ihre Frage beantworten nach der Laufveranstaltung in Thüringen, die mehr Spendengelder aufbringt: Beim 10.Mühlhäuser Röblinglauf am 9.Mai 2014 konnten 25.729,00 € an die Thüringer Kinderhospizarbeit übergeben werden. Unter: http://www.röblinglauf.de sind alle Zahlen und Impressionen sowie unser Konzept zu finden.
Dass eine Firma mit der Veranstaltung ein funktionierendes Geachäftsmodell gefunden hat, ist nicht Schlechtes, auch nicht, dass man nebenbei Spenden sammelt. Jedoch wird so nicht ungewollt der falsche Eindruck einer karitativen Veranstaltung erzeugt.
Der Unternehmenslauf mag auch seinen Sinn darin haben, dass mancher Nichtsportler mal das Laufen probiert, die Unternehmen ein Event zur Teambildung und viele Teilnehmer Spass haben.
Ohne Zeitnahme und mit Selbstaufschreibung entspricht es allerdings nicht dem untersten Mindeststandards eines Sportwettkampfes, selbst wenn es in Frankfurt oder sonstwo auch so gemacht wird. Ehrlicher wäre es daher die Sieger nach dem Zieleinlauf zu bestimmen und auf eine weiter Rangliste zu verzichten.
Zum Beitrag von Heike Fritzlar:
Danke für die Info. Das ist eine tolle Leistung, die allen Respekt verdient.
MfG Theresa Dreyße
Es bleibt dabei. Diese Veranstaltung ist nur auf Kommerz aus.
Wer 20 Euro plus Mehrwertsteuern für einen nicht vermessenen 5km Lauf verlangt und dann an den einfachsten Dingen spart muss hier nicht rumjammern. Auch 100 Euro für einen Pavillion sind eine Frechheit.
Wie es besser geht zeigen die Unternehmensläufe in Jena und Oberhof.
Es würde mich ja mal interessieren wer in diesem „Laufexpertenteam“ ist. Es ist kaum vorstellbar, dass diese Profis von einer Zeitnahme abraten und damit dem Betrug Tür und Tor öffnen. Man braucht sich ja nur mal den „Gesamtsieger“ zu nehmen und jeder weiß was gemeint ist.
Und wenn der Veranstalter das ohne zu prüfen so in die Ergebnisliste übernimmt zeigt das doch wieder dessen fehlende Professionalität und Ahnung.
Weiterhin sollte Frau Dreyße mal auf dem Boden bleiben. Ihre Veranstaltung mit der J.P. Morgan Chase zu vergleichen ist etwas weit her geholt.
Dort wird deutlich mehr geboten für das Startgeld.
Christian Seiler ist einfach nur für seinen Arbeitgeber gelaufen und wurde nicht eingekauft. Da ist ja nichts verwerfliches dran.
Ich schliesse mich der Meinung von Sören an, der Vergleich hinkt etwas, vielleicht ist eine genauere Recherche von Frau Dreysse ebenso angeraten, wenn schon die Behauptung aufgestellt wird dass bei keinem anderen Lauf mehr Spendengelder erzielt wird. Keiner will den großartigen Lauf als Event hier schlechtreden aber Ihr Kommentar klingt für mich nach einer beleidigten Rechtfertigung über Unklarheiten, die hier aufgezeigt werden. Vielleicht mangelnde Professionalität?
Hallo Herr Panse,
zu ihrer Aussage das ich mich vertan habe mit der Uhr, kann ich nir sagen dasdies nicht der Fall ist. Ich betreibe mein leben lang schon sport und mache seit 19 Jahren aktiv Judo. Treibe jeden Tag sport und ich habe mich für den Unternehmenslauf 4 Monate intensiv vorbereitet und habe mich darauf trainiert 5 Kilometer sprint zu trainieren. Was nicht leicht war aber es ging zum ende hin immer besser. Ich bin auch Lizenzierter Trainer im Leistungssport und weiß wie man trainieren muss um schnell erfolge bzw Leistung zu erzielen.
ein spannender Artikel vielen Dank dafür. Nur eine Nachfrage bleibt für mich: was ist denn bitte das „Team FDP-Landtagsfraktion“ für die Marcel Knape gelaufen ist? Soweit ich das sehe, gibt es diese Partei im aktuellen Thüringer Landtag nicht. Schmückt sich da nicht jemand mit längst vergangenen Federn?
Das war der Artikel zum Vorjahr. Hätte aber auch so ähnlich dieses Jahr wieder veröffentlicht werden können, geändert hat sich fast nichts – außer das mit dem „Team FDP-Landtagsfraktion“ und, dass diesmal Marcel Bräutigam vorn war – zumindest hat er als Erster die Ziellinie überquert. Das offizielle Ergebnis gibt es nicht vor nächster Woche. Ich denke, wir werden noch berichten.