Zur 37. Auflage des Rennsteig-Marathons standen die Vorzeichen etwas anders als in den Vorjahren. Nicht der fünfmalige Sieger Christian Seiler (Halbmarathon 2004-2006, Marathon 2007-2008) ging als Favorit in den Wettbewerb, sondern sein Vereinskamerad vom Laufclub Erfurt, Marcel Knape. Der Grund war einfach: Während Seiler im Frühjahr an einem Ermüdungsbruch laborierte und infolge dessen kein langfristiges Marathontraining absolvieren konnte, beherrschte Knape die Thüringer Laufszene in dieser Saison nach Belieben. Allerdings hatte er vor dem Start mit Ausnahme seines 16. Platzes beim Rennsteig-Supermarathon 2008 keinerlei Erfahrungen auf langen Distanzen.
Mit dem Steinheider Markus Koch und dem Hermsdorfer Jens Borrmann fehlten außerdem der Zweit- und Drittplatzierte des Vorjahres.
Allerdings hatten sich mit dem Harzer Zweifach-Marathonsieger Ulf Kersten (BLV Ilsenburg), dem Allgäuer Spitzenläufer Thomas Geisenberger (BLT Laufsport Saukel-Haglöfs) sowie dem Geraer Jan Burzik (Laufladen Jena) ebenfalls sehr namhafte und erfolgreiche Kontrahenten mit Siegambitionen in die Startliste eingetragen.
Die spannende Frage im Vorfeld war also, inwieweit sich der bislang im Marathon nahezu unerfahrene 24-jährige Knape gegen die gestandenen Haudegen durchzusetzen vermag und ob Seiler trotz der angesprochenen Verletzungsprobleme doch „einen aus dem Hut zaubern“ kann.
Von Beginn an setzten sich zunächst Seiler, Knape und Geisenberger an die Spitze des Feldes und hatten bei der ersten Zwischenzeitnahme am Masserberger Eselsberg (18,8 km) bereits fast drei Minuten auf den ersten Verfolger Kersten, der bis zur Halbmarathonmarke auf etwa dreieinhalb Minuten anwuchs. Hinter dem zu dieser Zeit noch Vierplatzierten Kersten folgten mit Potschak (LL Dübener Heide), Eyermann (BLV Ilsenburg) sowie einer weiteren Gruppe um die Thüringer Schlott, Bräutigam und Burzik ein interessantes Läuferfeld aus einer Mischung aus Marathondebütanten und erfahrenen Langstrecklern.
Und jeder der schon einmal den Rennsteig-Marathon gelaufen ist, weiß, dass frühestens hier das Rennen erst richtig los geht.
Kurz vorm steilsten Anstieg der Strecke, dem Burgberg (31 km) machte Christian Seiler scheinbar richtig ernst und hatte einen leichten Vorsprung von etwa 80 Meter auf Thomas Geisenberger, der letztes Jahr unter anderem den Allgäuer Panorama-Marathon über 45 Kilometer gewann, herausgelaufen. Mit gleichem Abstand folgte der von vielen als Favorit gehandelte Marcel Knape. Während der Führende an dieser Stelle sehr locker seine Bahnen zog, sahen die beiden Verfolger schon relativ müde aus. Und dies sollte sich bewahrheiten.
Etwa 3 Kilometer weiter am Dreiherrenstein (34 km) zog Seiler mit anderthalb bzw. fast zwei Minuten Vorsprung vor den beiden Folgenden in den letzten Streckenabschnitt Richtung Ziel. Zu diesem Zeitpunkt war klar, dass Seiler nur noch durch ein Wunder oder ein Missgeschick von seinem dritten Marathon-Titel bzw. seinem sechsten Rennsteig-Sieg in Folge zu trennen sein würde.
Der erfahrene Kersten (+6:45 min) hatte an dieser Stelle bereits fünf Minuten Rückstand auf Platz 3. Ihm folgten der noch erstaunlich frisch wirkende Sebastian Schlott (+7:35 min) sowie Potschak (+8 min), Burzik (+8:25 min), Bräutigam und Liebergeld (+8:45 min).
Der erste Platz schien also bereits weit vor Schmiedefeld vergeben, während – ausgehend von der Körpersprache und dem Gesichtsausdruck der Sportler – noch mit einigen Verschiebungen auf dem Schlussabschnitt zu rechnen war.
Auf den letzten Kilometern über den lang gezogenen Meisenhügel zwischen Allzunah und Frauenwald, vorbei an der Grillhütte Schwarzwasser ging es für die Marathonis hinein in den Zielort, den Schlussanstieg über die Reitallee ins Zielgelände am Sportplatz von Schmiedefeld, wo die Läufer von einer begeisterten Masse an Zuschauern empfangen wurden.
Als alten und neuen Sieger konnte – und das war für Laufinsider aus aufgrund der geschilderten Ausgangslage doch ein wenig überraschend – in einer Gesamtzeit von 2:42:33 Stunden wiederum der Pöllwitzer Christian Seiler (Laufclub Erfurt) gefeiert werden. Mit viereinhalb bzw. sechs Minuten Rückstand folgten Thomas Geisenberger (2:47:01) sowie Ulf Kersten (2:48:41), der dem im Schlussdrittel doch merklich einbrechenden Marcel Knape noch einige Minuten abnehmen konnte.
Auf einem sehr guten fünften Platz kam der Suhl-Goldlauterer Ex-Skilangläufer Sebastian Schlott (Jahn Freiburg) ein. Herausragend auf der zweiten Streckenhälfte die Leistung des Cross-Marathon-Spezialisten Patrick Ratzka (Uni Jena), der bei der ersten Zwischenzeit noch auf Rang 17 liegend sich durch eine fulminante Aufholjagd (Zweitschnellster ab Halbmarathonmarke) Platz um Platz nach vorn arbeitete und so noch den sechsten Platz auf dem Podium sichern konnte.
Auch die folgenden Sportler boten den Zuschauern „Kampfgeist hautnah“. Mit persönlicher Bestzeit am Rennsteig sprintete Jürgen Liebergeld (Rennsteiglaufverein/LG Süd) gegen den hoch gehandelten Jan Burzik in der Zielgasse um die Ränge 7 und 8.
hallo,
an alle platzierten und finisher meine glückwünsche.
christian, sehr schöner bericht.
schöne grüße
marian