Die spannenden Fragen vor dem Start des Rennsteig-Marathons waren jene, ob die dominierende Läuferin der letzten Jahre, Diana Lehmann aus Potsdam, ihren im Vorjahr verlorenen Sieg wieder zurückerobern kann und wer in der Männerkonkurrenz in die Fußstapfen von Christian Seiler (Laufclub Erfurt) treten würde, der bislang das Rennen in Serie gewonnen hatte.
Der Wettergott meinte es an diesem Samstagmorgen gut mit den ca. 3.000 Läuferinnen und Läufern. Nachdem es fast die gesamte Vorwoche geregnet hatte, herrschten in Neuhaus und auf der übrigen Strecke entlang des mittleren Rennsteigs bis nach Schmiedefeld kühle und trockene Bedingungen. Die Strecke befand sich in einem guten Zustand. Eine minimale Streckenänderung gegenüber dem Vorjahr gab es bei Allzunah.
Pünktlich um 9 Uhr erfolgte der Startschuss des INTERSPORT-Marathons. Zunächst setzte sich der als leichter Favorit eingeschätzte Steinheider Markus Koch (TV 1848 Coburg) etwa 50 Meter vom Feld ab, während eine erste Verfolgergruppe um die ebenfalls als Sieganwärter gehandelten Alexander Fritsch (LSV Lok Arnstadt), den Ellricher Christian König (Laufclub Erfurt) sowie Johan Gehrisch (Skiklub Dresden) Tuchfühlung behielten. Bereits mit Respektabstand formierten sich in der zweiten Verfolgergruppe mit Jan Burzik (Team Laufladen Jena), Marcel Bräutigam (Rennsteiglaufverein/LG Süd) und dem Jenaer Studenten André Fischer durchweg Thüringer Läufer, die mit Ausnahme von Burzik im Vorfeld eher als Kandidaten auf eine Top-10-Platzierung galten.
Bis kurz vor dem Dreistromstein (Kilometer 9) liefen die von Fritsch angeführten drei Verfolger zum Führenden und zweimaligen Marathonzweiten Markus Koch auf, um diesen bis zur Streckenhälfte sogar um etwa 20 Sekunden zu distanzieren.
Bei den Damen machte die Vorjahreszweite und dreimalige Rennsteig-Marathon-Siegerin Diana Lehmann (Potsdam) von Beginn an keinen Hehl daraus, ihren vierten Rennsteigerfolg mit nach Hause nehmen zu wollen. Bis zur Halbmarathonmarke hatte sie bereits einen Drei-Minuten-Vorsprung auf ihre bis dahin ärgste Verfolgerin, Bettina Tschernig (SV 1899 Mühlhausen) herausgelaufen. Diese wiederum hatte an dieser Stelle ein scheinbar sicheres Fünf-Minuten-Polster vor der Berlinerin Judith Wagner. Die Vorjahressiegerin Anja Jakob (VSC Klingenthal) rangierte an dieser Marke in Sichtweite dahinter auf Platz vier, während die Vorjahresdritte Johanna Schreier (SG Motor Arnstadt) bereits mit großem Rückstand Fünfte war.
Das Männerrennen, dessen Ausgang von den Experten auch aufgrund des Fehlens der ersten Fünf des Vorjahres als ausgesprochen spannend und offen eingeschätzt wurde, gestaltete sich nach den Positionswechseln der ersten Hälfte ab Neustadt (Kilometer 28) zunehmend als eine „One-Man-Show“ des Rennsteiglauf-Marathon-Debütanten Alexander Fritsch.
Der Jenaer Student, aus Plaue stammend, der bereits als Kind an den Junior-Cross-Läufen des Rennsteiglaufes teilnahm und seit vielen Jahren den Rennsteig-Halbmarathon als seinen absoluten Frühjahrshöhepunkt bestreitet – dort bereits dreimal „nur Vierter“ wurde – wollte dieses Jahr unbedingt einen Podestplatz. Im vergangenen Herbst sammelte er beim Berlin-Marathon seine ersten Langdistanzerfahrungen.
Sein Sololauf auf der zweiten Rennhälfte war unglaublich. Zunächst fiel Markus Koch dem Tempodiktat Fritschs zum Opfer. Das gleiche Schicksal ereilte kurz darauf Christian König, der später völlig abgeschlagen und entkräftet ins Ziel kam. Der Rückstand des einzig verbliebenen Verfolgers, Johann Gehrisch aus Dresden, wurde größer und größer. Am gefürchteten Burgberg (Kilometer 31) noch etwa 2:45 Minuten, waren es am Dreiherrenstein (Kilometer 33) bereits 3:45 Minuten Vorsprung, der bis Kilometer 35 auf fast fünf Minuten anwuchs.
Dahinter entbrannte ein spannender Kampf um die Podiumsplätze. Es schien nur eine Frage der Zeit, bis Burzik und Bräutigam die vor ihnen liegenden, nach und nach wegbrechenden Siegfavoriten einholen würden.
Um 11:36 Uhr erreichte – von den vielen Zuschauern frenetisch gefeiert – Alexander Fritsch nach 43,5 Kilometern als souveräner Sieger des Rennsteig-Marathons 2010 den Schmiedefelder Sportplatz und erfüllte sich damit einen Jugendtraum, wie er später im Interview berichtete. Mit seiner herausragenden Siegerzeit von 2:36:51 Stunden, rangiert er nun ganz weit vorne in der ewigen Siegerliste.
Etwa sieben Minuten nach Fritsch erreichte der vom früheren Rennsteiglaufsieger Ralf Koritz gecoachte Johann Gehrisch, den sicher kaum einer auf seiner Rechnung hatte, als Gesamtzweiter in einer Zeit von 2:43:58 Stunden das Ziel.
Den Kampf um Platz 3 entschied ebenfalls völlig überraschend Marcel Bräutigam vom gastgebenden Rennsteiglaufverein (LG Süd) vor dem Routinier Jan Burzik für sich. Bräutigam steigerte sich in seinem zweiten Marathon mit seiner Zeit von 2:46:07 Stunden um fast acht Minuten bzw. sieben Plätze gegenüber dem Vorjahr.
Auf den Rängen 5 und 6 kamen Markus Koch und André Fischer völlig erschöpft, aber glücklich, ins Ziel. Auf die nachfolgenden Plätze liefen unter anderem mit Jens Fleischhauer (RLV/LG Süd), Sören Föt (Sportteam Steinbach), René Große (Glückauf Sondershausen), Jürgen Liebergeld (RLV/LG Süd), Christian König (LC Erfurt) und dem Sonneberger Arnt Luthardt ebenfalls starke Thüringer Läufer.
Bei den Damen zeichnete sich letztlich ein ähnliches Bild wie bei den Männern ab. Die nunmehr viermalige Marathon-Siegerin Diana Lehmann kam mit einem riesigen Vorsprung von zehn Minuten und einer Gesamtzeit von 3:17:11 Stunden überglücklich ins Ziel und konnte sich somit ihre Vormachtstellung am Rennsteig zurückerobern.
Doch dahinter spielte sich ein erstaunlicher Positionswechsel ab. Bettina Tschernig, die zwischenzeitlich bereits fünf Minuten Vorsprung den Nachfolgenden hatte, wurde kurz vor der Marathonmarke von der späteren Zweiten und Dritten überholt. Sie beendete ihren zweiten Rennsteig-Marathon damit als enttäuschte Gesamtvierte.
Auf Rang 2 in einer Zeit von 3:27:10 Stunden kam mit Johanna Schreier die erste Thüringerin und gleichzeitig Vorjahresdritte ein, die „ihr Rennen“ jedoch erst so richtig bei Kilometer 35 begann. Dort noch auf Position 5 liegend, überholte sie die vor ihr liegenden Läuferinnen nach und nach und sicherte sich so am Ende den zweiten Platz.
Als Dritte erreichte die zuletzt als Supermarathon-Vierte am Rennsteig erfolgreiche Berlinerin Judith Wagner in einer Zeit von 3:28:06 Stunden die tobenden Zuschauer am Schmiedefelder Sportplatz.
Die Titelverteidigerin Anja Jakob war am Ende chancenlos bei ihrer Titelverteidigung. Sie wurde Gesamt-5., während mit Christina Rottenbach (Uni Jena) eine weitere Thüringerin auf Platz 6 in die absolute Spitze lief.
Ebenfalls gute Plätze für Thüringen erkämpften die Arnstädterin Petra Knoblich, Carola Rudorfer (TU Ilmenau) und Anja Kerrut (LTV Erfurt).
Verletzungsbedingt erlebte ich den diesjährigen Rennsteiglauf als Zuschauer. Dafür war ich ab der Schwalbenhauptwiese Augenzeuge eines spannenden Marathonrennens, welches Alexander Fritsch in beeindruckender Weise dominierte. Besonders ihm ist dieser Triumpf zu gönnen, denn Alex lebt für den thüringer Laufsport.
Nach Jahren konnte mit Marcel Bräutigam auch wieder ein Läufer des ausrichtenden Rennsteiglaufvereins aufs Treppchen laufen. Dafür und auch für die anderen guten Leistungen der thüringer Läufer meinen Glückwunsch.
Kann mich eigentlich auch nur den Glückwünschen anschließen. Der Sieg von Alex über die Marathondistanz ist wirklich grandios. Allein der Vorsprung von über 7 Minuten und die Siegerzeit von 2:36 h sind mehr als überragend !
Ich schließe mich auch Andy und Stefan an: Die Leistung von Alex war wirklich überragend und einen Rennsteig-Sieg hat wohl keiner so verdient wie er! Auch der Artikel selbst ist wirklich sehr gut geworden. Glückwünsche auch von mir an alle „Mitleidenden“ vom Samstag.