Die Volkslaufsaison in Thüringen hatte im Frühjahr gerade erst begonnen, als die Coronavirus-Pandemie für eine Zwangspause sorgte. Inzwischen finden wieder Wettkämpfe statt, doch von Normalität ist die Szene noch weit entfernt. Eines ist dagegen schon wieder wie immer: Die Dominanz von Marcel Krieghoff. Erst gewann der 36-Jährige vom SC Impuls Erfurt souverän den Pleßlauf über 30 Kilometer. Am Samstag sicherte er sich dann den Marathonsieg beim Kyffhäuser-Berglauf (2:45:57 Stunden). Im Interview mit Laufszene Thüringen spricht das Langstrecken-Ass über Trainingsmotivation in Corona-Zeiten, seine ungebrochene Leidenschaft für den Sport und sein Erfolgsrezept für Konstanz und Verletzungsfreiheit.
Herzlichen Glückwunsch zum souveränen Marathon-Sieg beim Kyffhäuser-Berglauf mit knapp 20 Minuten Vorsprung. Anscheinend stimmt deine Form auch nach der Corona-Pause?
Es lief alles so, wie ich es mir vorgestellt habe. Es stand ja erst seit rund sechs Wochen fest, dass der Lauf stattfindet. Da hatte ich nicht so viel Zeit für eine intensive Marathonvorbereitung. Ich habe nur vier lange Läufe gemacht, aber das hat gereicht. Am Ende hatte ich noch richtig Luft. Die geänderte Strecke mit den zwei Runden ist ja deutlich schwerer als die vorherige, auf der ich vor drei Jahren den Streckenrekord aufgestellt habe [Anm. d. Red: 2:37:38 h]. Diesmal waren es knapp 200 Höhenmeter mehr. Ich hatte mir eine Zeit von 2:42 Stunden ausgemalt. Es wäre schön gewesen, wenn ich auf den ersten 15 Kilometer noch jemanden als Begleitung gehabt hatte. Es war eine absolut top organisierte Veranstaltung. So kann ein Volkslauf funktionieren in Corona-Zeiten.
Die Pandemie hat dein Training nicht beeinträchtigt?
Ich habe mir mit Freunden ein paar coole Projekte überlegt. Ich habe zum Beispiel meinen Freund Mike Schmidt aus Bad Langensalza unterstützt, seine Bestzeiten über 10 Kilometer und Halbmarathon zu verbessern. Er ist 38 Minuten und 1:25 Stunden gelaufen, mit 48 Jahren. Das hat richtig viel Spaß gemacht. Mit Moritz Sparbrod aus meinem Verein bin ich einen Halbmarathon in 1:10:11 Stunden gelaufen. Er war richtig heiß darauf und hat seine Bestzeit um 2:45 Minuten verbessert. So eine Zeit renne ich auch nicht jeden Tag. Mit diesen Aktionen ging die Pause schnell rum.
Hast du etwas an deinem Training geändert?
Es war nicht schwierig, mein Training weiter durchzuziehen. Die ganz harten Umfänge habe ich nicht gemacht. Ich brauche auch nicht mehr die extremen Belastungen, die wichtigen Einheiten müssen passen. Für den Kyffhäuser-Marathon bin ich 9 bis 12 Einheiten pro Woche gelaufen, immer im Wechsel eine Woche Belastung mit 130 Kilometern und eine Woche mit 80 bis 90 Kilometern. Für die langen Läufe bin ich immer mal nach Oberhof gefahren.
Du bist jetzt 36 Jahre alt, hast nahezu jeden Volkslauf in Thüringen gewonnen. Was motiviert dich überhaupt noch zum Leistungssport?
Ich laufe nun seit 15 Jahren auf diesem Niveau und bin bis jetzt verletzungsfrei durchgekommen. Ich habe mir als Ziel gesetzt, noch drei Jahre alles dem Sport unterzuordnen. Ich habe im Berglauf noch einiges vor und will bei Läufen in der Schweiz und Österreich starten. Eigentlich wollte ich schon dieses Jahr im Juli den Brixen-Marathon in den Dolomiten laufen. Ich hatte mich auch auf den Rennsteig-Supermarathon zielgerichtet vorbereitet. Ich war im Trainingslager, alles lief super. Und jetzt im September wollte ich zur Berglauf-WM der Senioren auf der Schlickeralm in Österreich. Auch meine Frau Luise läuft ja und wird immer besser, auch das ist für mich eine gute Motivation.
Lernst du mit den Jahren noch Dinge dazu, probierst du Neues aus?
Eigentlich nicht. Was einem guttut, soll man auch nicht ändern. Ich habe meine Rituale, die funktionieren. Bei mit heißt das zum Beispiel: Vor dem Wettkampf gibt es ein Wurstbrot und eine Müllermilch.
Musst du inzwischen mehr für die Regeneration tun?
Ich habe Glück und brauche auch heute nicht mehr Zeit zur Regeneration als damals, als ich meine Marathonbestzeit von unter 2:30 Stunden gerannt bin. Ich achte aber auch darauf, jeden Tag 9 bis 10 Stunden Schlaf zu bekommen – und das schon seit drei Jahren. Ich glaube, dass ich auch deshalb so selten krank bin und noch nie ernsthaft verletzt war. Das ist natürlich ein Luxus. Und es geht auch nur, weil meine Arbeit im Sportgeschäft erst um 9 Uhr beginnt.
Du hast am Pleß und am Kyffhäuser mit riesigem Vorsprung gewonnen. Wünschst du dir manchmal mehr Konkurrenz?
Konkurrenz ist immer schön. Ich würde mir wünschen, dass mehr Nachwuchs auf den längeren Strecken nachkommt. Aber den kann man nicht herbeizaubern. Wir haben ja Talente wie die Häßner-Zwillinge oder Moritz Sparbrod. Aber die bereiten sich meist gezielt auf einzelne Läufe vor und laufen nicht so viele Wettkämpfe wie ich.
Wie geht die Herbstsaison für dich weiter?
Mein nächstes Ziel ist der Rennsteig-Herbstlauf. Dort will ich die 30 Kilometer laufen. Vorher starte ich noch beim Herbstlauf in Dingelstädt über 10 Kilometer. Dann geht es erst mal in den Urlaub in die Schweiz. Danach kommt vielleicht noch der ein oder andere Crosslauf und zum Jahresende ein schöner Silvesterlauf.
Und 2021 ist in der Volkslaufszene dann wieder alles beim Alten?
Es wäre schön, wenn die nächste Saison normal läuft. Ich habe ja noch meinen Startplatz in Brixen. Aber das steht in den Sternen. Trotzdem ist das aktuelle Jahr für mich sportlich super gelaufen. Meine Motivation, anderen zu helfen war unglaublich hoch und ein guter Ersatz für die Wettkämpfe, die ausgefallen sind.