… und eine verrückte Marathonpremiere
Es gibt Sachen, die selbst erfahrene Marathonläufer noch überraschen können. Damit meine ich nicht die klaren Favoritensiege oder die wunderbare Apfelblüte, die mich als Läufer nach meiner Erinnerung erstmals beim Kyffhäuser-Berglauf kurz vor Udersleben empfing. Nein, die 36. Auflage wird mir vor allem wegen einem jungen Sportfreund aus Wickersleben in Erinnerung bleiben.
Aber zunächst zu den Ergebnissen und zur Laufstatistik. Bei bestem Laufwetter schickte der Starter um 8.30 Uhr die Läufer auf die Strecke des thermowave Kyffhäuser-Bergmarathons. Als erster der 246 Finisher erreichte der Thüringen Ultra Sieger von 2013, Marcus Baldauf, vom Rennsteiglaufverein LG Süd nach 02:58:33 Stunden das Ziel in Bad Frankenhausen. Sieben Minuten Vorsprung hatte er vor dem Zweitplatzierten Holger Müller aus Braunschweig (03:05:33). Als Dritter folgte Uwe Pflügner vom Verein Tatortzeit Lauffreunde (03:10:20). Schnellste Frau auf der Strecke war Sonja Beerbaum aus Hamburg (03:23:28), gefolgt von Antje Müller (LFV Oberholz/03:32:23) und Anna Langhinrichs aus Berlin (03:38:42).
Auch beim Halbmarathon der Thüringer Energie, bei dem 276 Läuferinnen und Läufer das Ziel an der Frankenhäuser-Therme erreichten, gab es klare Abstände an der Spitze und zwei Siege für das Laufteam des USV Erfurt. Berglauf-Spezialist André Fischer legte einen ungefährdeten Start-Ziel-Sieg hin und gewann in 01:22:01 Stunden vor Eike Eyermann (Brockenlauf Verein Ilsenburg/ 01:24:06) und Robert Brügmann aus Berlin (01:27:38). In starker Form präsentierte sich die Rennsteigmarathonsiegerin von 2012 Kristin Hempel, die in 01:37:16 mit 11 Minuten Vorsprung auf Patrizia Hummel aus Siebenleben (01:48:18) und Steffi Wernicke von der Uni Kassel (01:48:48) gewann. Gelingt es der zierlichen Athletin vom USV Erfurt verletzungsfrei über die nächsten vier Wochen zu kommen, dürfte sie wieder zum Favoritenkreis für den Rennsteigmarathon zu rechnen sein.
Den 14 Kilometer-Salomon Cup gewann Stefan Neidhardt vom Rennsteiglaufverein/LG Süd, der in 0:56:55 als einziger Läufer unter einer Stunde blieb. Ralf Neubauer vom SSV Eintracht Naumburg (01:00:04) und Stephan Bongartz aus Jena (01:00:18) folgten auf den Plätzen. Schnellste Frau war Luisa Merkel vom NSV Wernigerode. Mit ihrer Zeit von 01:03:06 Stunden mussten sie nur den 5 schnellsten Männern auf der Strecke den Vortritt lassen und lief mehr als dreieinhalb Minuten Vorsprung auf die Zweitplatzierte Maria Heinrich aus Teutschenthal heraus. Auf Platz 3 kam Marion Krauel-Kaufmann vom LTV Obereichsfeld (01:12:53 Stunden). Mit 334 Finishern verzeichnete die 14-Kilometer-Strecke die meisten Teilnehmern.
Was ist noch zu bilanzieren? Die Strecke war diesmal in Top-Zustand, das Wetter nahezu optimal und die Verpflegung und der Helfereinsatz lobenswert. Die Entzerrung der Starts von Läufern, Walkern und MTB hat sich bewährt und macht es den Läufern auf der Marathonstrecke deutlich angenehmer. Die diesjährige Finisher-Medaille war für mich allerdings eines Marathonlaufs unwürdig. Entweder man lässt sie in Zukunft ganz weg oder erhöht die eigentlich sehr moderate Startgebühr, um hier etwas Vernünftiges zu machen.
Ach so, ich hatte ja noch am Anfang eine außergewöhnliche Geschichte versprochen. Voilá! Etwa bei Kilometer 6 – ich hatte mich gerade von einem Sturz erholt und plauderte mit meinem Laufkollegen Jens Jacob aus Gebesee über das vergangene Laufjahr – sprach mich ein junger Läufer in Fußballersachen an, ob ich ihm ein paar Tipps für den Marathon geben könnte. Es sei sein erster und die weiteste von ihm bislang absolvierte Strecke (Achtung!) betrug 7,5 Kilometer. „Das nenne ich mutig“, war meine erste Reaktion und das war sehr freundlich formuliert. Auf den nächsten 1,5 Kilometer gaben wir ihm ein Crashkurs in Marathonkunde und von nun an, war jeder absolvierte Kilometer ein neuer Rekord für Tino.
Er berichtete uns, dass er leidenschaftlicher Fußballer sei, bei seinem Verein in Wickersleben auf der Nummer 6 eingesetzt werde und dabei relativ viel laufe (wenngleich ja Fußballer nach gängigen Vorurteil ohnehin eher lauffaul sind). Wegen einer Achillessehnenverletzung sei er auch nicht zu einer speziellen Vorbereitung auf den Lauf gekommen, wollte aber schon immer mal einen Marathon machen. Unglaublich, dass es so unbekümmerte junge Menschen gibt. Meinem Sohn hätte ich den Kopf gewaschen, aber heimschicken konnten wir ihn ja nicht mehr. Außerdem waren wir da schon bei Kilometer 23 auf dem Kyffhäuser-Denkmal und Tino immer noch dabei. Nach Zweidritteln der Distanz musste ich mal dringend telefonieren und brauchte fast 4 Kilometer, um meine zwei Laufpartner wieder einzuholen.
Erst bei Kilometer 35 machte Tino schlapp. Was man gegen Krämpfe machen könne, wollte er von mir wissen. „Leider nichts, vielleicht vorher ein bisschen trainieren“, antwortete ich, aber schließlich sei es ja nun nicht mehr weit. Den Rest könne er notfalls gehen. Auf dem Weg zum Duschen kam mir Tino bei seinem Zieleinlauf entgegen. 20 Minuten hatte er noch auf uns verloren und ganz gut rund sah der Laufstil auch nicht mehr aus, aber er schaffte seinen ersten Marathon in 04:24:00 Stunden und ließ dabei noch 82 Läufer hinter sich. Mag sein, dass seine Fußballmannschaft jetzt für ein paar Spiele auf ihnen verzichten muss, aber ist Laufen nicht ohnehin der viel gesündere Sport? Wir wissen das seit längerem und jetzt haben wir vielleicht einen neuen Lauffreund gefunden. Also auf geht´s Fußballer, aber vielleicht doch nicht ganz so radikal einsteigen wie Tino!