„….beim zweiten Mal nicht mehr so sehr“. Diese Zeilen aus irgendeinem Song gehen mir durch den Kopf, während ich mit einer Cola in der Hand auf der Bank unmittelbar hinter dem Ziel in Schmiedefeld sitze. Ich habe den Supermarathon in 8:58:41 Stunden hinter mir, bin glücklich und zugleich enttäuscht und weiß, ich muss ihn unbedingt noch einmal laufen. Ich muss einfach probieren, ob es auch leichter geht. Irgendwann vor Oberhof, war ich noch ziemlich sicher, dass 60 Kilometer die längste für mich sinnvolle Strecke sind. Was war passiert?
Vor zwei Jahren hatte ich Tati im Ziel die Cola gereicht, als sie nach 8:40 glücklich den Supermarathon beendete. Mit Wolfgang verabredete ich, im Jahr 2009 zusammen den Langen zu laufen.
Eisenach (km 0): Am Morgen nach einem hektischen Tag mit kaputtem Auto und Autofahrten quer durch Thüringen stehen wir am Start. Ich habe die dritte Nacht in Folge zu kurz und zu schlecht geschlafen. Dem Kratzen im Hals und dem Herpes an den Lippen habe ich keine Beachtung geschenkt. Doch alles ist vergessen, wir freuen uns auf den Lauf, genießen die Atmosphäre. Ich fühle mich gut vorbereitet, habe zwei Marathons und zwei Sechs-Stunden-Läufe in diesem Jahr bereits absolviert. Wenn nichts Gravierendes passiert, bin ich sicher, anzukommen. Ich rechne mit einer ähnlichen Zeit wie Tati oder Kathrin, die den Lauf im Vorjahr mit 8:30 absolviert haben. Beide laufen in meiner Preisklasse, ihre Berichte habe ich am Vorabend noch einmal studiert.
Glasbachwiese (km 18): Es ist Rennsteiglauf, wie er im Buche steht. Plaudernd sind die ersten Kilometer verflogen. Der Präsident des Rennsteiglaufvereins erzählte glücklich von über 2000 Startern beim SM und Gunter von einem Anmelderekord beim Thüringenultra. Ein älterer Läufer berichtete vom ersten Rennsteiglauf, bei dem er einer von vier Startern war. Inzwischen läuft er das 36. mal den Supermarathon. Sein Begleiter hat “erst“ 19 mal die lange Strecke gemacht. Mit 20 Marathons und Ultras ist man hier Frischling.
Großer Inselsberg (km 25): Wir haben nach 2:50 den Gipfel erreicht, der in dichten Wattewolken liegt. Die letzten Kilometer sind mir schwerer gefallen als erwartet. War es die feuchte Luft, die meinen Puls auch beim steilen Bergangehen in ungeahnte Höhen trieb? Ich bin etwas beunruhigt. Später lese ich nach, dass Kathrin sich 10 min mehr Zeit gelassen hatte. Nach dem steilen Abstieg werden wir von unseren Frauen an der Grenzwiese erwartet. Heike stellt fest, dass ich schlecht aussehe. Es reißt mich nicht nieder, ich weiß es.
Heuberghaus (km 31): Ich bin in meiner Heimat. Hier in Friedrichroda bin ich aufgewachsen. Seit dem Inselsberg kenne ich jedes Stück Weg, jeden Hügel im Sommer wie im Winter. Ich genieße das Laufen, das dennoch anstrengt. Ich dränge darauf, noch etwas Tempo rauszunehmen, damit wir gut ankommen. Wir fangen an, auch kleinere Anstiege zu gehen.
Ebertswiese (km 37): Es ist eine dieser bufettähnlichen Verpflegungsstellen. Auch wenn mein Magen sehr stabil ist, verzichte ich auf die angebotenen Würstchen. Ich streue Salz in die Cola, da meine Muskeln zu zucken beginnen. Das ständige Auf und Ab auf den letzten Kilometern hat Kraft gekostet. Ich hatte gehofft, hier noch frischer zu sein.
Neuhöfer Wiesen (km 45): Die Verpflegungsstelle wird von der Bergwacht betrieben, in deren Hütte ich im Winter öfter Rast gemacht habe. Wir sind langsamer geworden, wurden mehr überholt, als wir selbst überholten. Einer Kollegin, die walkte, konnte ich nur mit Mühe den Gruß erwidern. Mein Angebot, dass Wolfgang ohne mich zügiger weiter laufen sollte, lehnt er ab und will glaubhaft machen, das gar nicht zu können.
Grenzadler (km 55): Die letzten Kilometer waren eben und liefen gut. Keine Pfützen zwangen uns mehr zum Slalom. Die Wanderer mit den Startnummern blieben am Rand. Der Nebel ist verflogen und die Sonne scheint immer mal wieder. Mir fällt eine Ultraweisheit ein: „ Es geht nicht immer schlechter, irgendwann wird es auch wieder besser“ Wir sind 6:20 unterwegs und eigentlich im Plan. Kein Gedanke, die Möglichkeit zu nutzen, hier aufzuhören
Rondell (km 57): Kurz bevor wir unsere Frauen wieder treffen, haben mich bisher unbekannte Krämpfe aus der Bahn geworfen. Es begann wie mit Kugelblitzen in den Waden, dann wurde der Oberschenkel hart. Kein Schritt ging mehr, ich musste fast schreien. Nach einigen Minuten dehnen konnte ich zumindest wieder gehen. Der Versuch zu laufen, wurde sofort mit neuen Krämpfen bestraft. Heike und Gudrun massieren mich. Seltsamerweise ärgere ich mich, bin aber nicht verzweifelt. Ich weiß, auch wenn ich jetzt die 16 km wandere, komme ich an.
Großer Beerberg (km 62): Kein Schritt bin ich seit dem Rondell gelaufen. Ich überrede Wolfgang allein weiter zu laufen, statt mit mir durch den Wald zu spazieren – hoffe selbst noch unter 10 Stunden oder sogar unter 9:30 anzukommen.
Bierfleck (km 69): Seit fünf Kilometern kann ich wieder laufen. Gelegentlich melden sich noch leichte Krämpfe. Ich trinke einen ganzen Becher Köstritzer, gerate fast schon in Euphorie und hoffe, dass ich auch ins Ziel laufen kann. Ich will ins Ziel laufen und nicht gehen!
Kilometerschild 72: Irgendwie wich plötzlich die Kilometrierung von meinem Forerunner etwas ab, die 9 h werden knapp, aber zu erreichen. Ich laufe durch die Gärten- wann kommt endlich der Sportplatz? Da ist er, ich sehe Heike und Gudrun, fange an zu jubeln, zu heulen. Es ist vollbracht.
Kurz hinter dem Ziel (km 72,7): Das erste Mal tat’s noch weh……
hallo,
sehr schöner bericht.
schöne grüße aus neuseeland
hallo,
sehr schöner bericht. irgendwie erinnert mich das an meinen vater.
schöne grüße aus neuseeland
Nach deinen Schilderungen müssen wir uns begegnet sein. Mit der Endzeit kann man kaum spekulieren, da die Strecke doch einiges länger ist als die 72,7 auf dem Finishershirt und es bei einem solchen Lauf genügend Unwägbarkeiten gibt, wie du sie erlebt und geschildert hast.
Hi, Du scheinst knapp hinter mir gewesen zu sein.Es ging mir aber auch nicht viel anders,ausser das die krämpfe nicht ganz so schlimm waren.das die Zeit diesmal nicht so schnell war lag aber auch am streckenzustand.das war meine zweite teilnahme aber nicht die letzte.für dich wohl auch nicht,also viel erfolg beim nächsten mal.PS: L A S S E die marathons und 6 stunden läufe weg,das bringt gar nix ausser erschöpfung. Lg aus München