Nicht die Titelverteidiger aus Wolfratshausen und auch nicht die LG Ultralauf, die gleich mit 5 Teams angetreten war, gewannen bei den Deutschen Meisterschaften im 24-Stundenlauf am Wochenende in Gotha die Teamwertung, sondern die Mannschaft von Lauffeuer Fröttstädt siegte überraschend klar mit mehr als 31 Kilometern Vorsprung. Die Thüringer Ultraläufer Peter Flock, Martin Armenat und Aurel Weber setzten damit das Sahnehäubchen auf eine rundum gelungene Meisterschaft.
Die „XXL-Laufszene“ in Thüringen boomt. Vor allem der Fröttstädter Gunter Rothe und sein Verein aus der kleinen Gemeinde im Hörselgau, der die DM zusammen mit den „Lauffreunden Gotha“ ausrichtete, haben in den letzten Jahren daran großen Anteil. Beschränkte sich der Aktionsradius der Ultras bislang mit Thüringen Ultra, Rennsteig nonstop, Harzquerung und Bleiloch-Ultra vor allem auf Landschaftsläufe, so gelang es mit der 24h – Meisterschaft der Deutschen Ultramarathonvereinigung in der Residenzstadt Gotha, den Ultra-Laufsport erstmals stärker in den Blick der Öffentlichkeit zu rücken.
Auf einer 2,04 Kilometer-Strecke durch den Englischen Garten von Friedenstein mit Blick auf das frühbarocke Residenzschloss, die Orangerie und die Altstadt von Gotha drehten 155 Läuferinnen und Läufer zu Füßen des Denkmals von Herzog Ernst dem Frommen von Samstag bis Sonntag ihre Runden, was neuer Meisterschaftsrekord war. Für die Touristen, die von der Wasserkunst zum Residenzschloss wollten, hatte man extra eine Fußgängerbrücke über die Wettkampfstrecke gebaut und der Radiosender TMR sorgte mit seiner Live-Schaltung von der Bühne dafür, dass immer wieder neugierige Zuschauer an die Strecke gelockt wurden. Die konnten zumeist gar nicht glauben, was da passierte. 24 Stunden nonstop Laufen – für die überwiegende Zahl der Teilnehmer ohne jegliche Schlafpause – das ist für normale Menschen unvorstellbar. Wenn man zudem noch die dabei gelaufenen Streckenlängen nennt, erntet man zumeist ungläubiges Kopfschütteln.
Der inoffizielle deutsche Rekord (laut DUV), den Wolfgang Schwerte 1987 in Köln aufstellte, liegt bei 276,209 Kilometern. Der Grieche Yiannis Kourus lief 1997 in Adelaide in 24 Stunden 303,303 Kilometern. An diese Werte konnten die Teilnehmer der 29. Deutschen Meisterschaft in Gotha natürlich nicht heranlaufen. Der leicht wellige Kurs mit einigen Höhenmetern sorgte dafür, dass Gehpausen erforderlich wurden. Zudem war es in der Nacht bei einstelligen Temperaturen empfindlich kühl. Trotzdem nötigten die Leistungen der Teilnehmer nicht nur dem Oberbürgermeister Knut Kreuch bei der Siegerehrung höchsten Respekt ab.
240,672 Kilometer schaffte der neue deutsche Meister Marcel Leuze. Der Hamburger setzte sich vom Start weg an die Spitze. Verfolgt vom Favoriten Florian Reus und von Felix Weber, die nach einem Viertel des Rennens beide gleichauf rund 2 Runden zurücklagen. Doch es war nicht die Nacht des 24 h-Weltmeisters von 2015 und Sechsten der WM diesen Jahres. Nach der Hälfte des Rennens stellte sich bei dem vierfachen deutschen Meister eine „unfassbare Kraftlosigkeit“ ein. Zuwenig Wettkampfvorbereitung aufgrund von Arbeitsstress sowie eine Erkältung im Vorfeld, hätten dazu geführt, dass er mental nicht in der Lage gewesen sei, das Rennen erfolgreich zu gestalten, schrieb er auf seiner Facebook-Seite. Nach 17,5 Stunden stieg er aus. Auch Felix Weber, der zwischenzeitlich die Führung von Leuze übernommen und mehrere Runden Vorsprung herausgelaufen hatte, musste das Rennen nach etwas mehr als 18 Stunden und 194 Kilometern mit Kreislaufproblemen aufgeben. Mit seinem hohen Tempo hatte er sich offenbar übernommen.
Somit war der Weg aufs Podium frei für Leuze und auch für den besten Thüringer Stefan Wilsdorf vom LAC Rudolstadt. Mit einer Leistung von 234,894 Kilometern wurde er überraschend Vize-Meister. Den „jungen Wilden“ hatte keiner auf der Rechnung. Der Seriensieger Stu Thoms von der LG Nord Berlin – mit 51 Jahren dagegen ein alter Hase – teilte sich die Kräfte gut ein und schob sich mit 230,713 Kilometern immerhin noch auf Rang 3 vor. Peter Flock aus Gebesee folgte mit 229,376 Kilometern knapp dahinter.
Noch klarer waren die Abstände bei den Frauen. Antje Krause vom Ultra Sport Club Marburg wurde ihrer Favoritinnenrolle gerecht und gewann mit 219,171 Kilometern zum fünften Mal in Folge den Titel, gefolgt von ihrer Nationalmannschaftskollegin Julia Fatton (TV Rheinau 1893/ 210,636 Kilometer) und Nadja Koch (SSC Scharmede/ 200,704 Kilometern). Die beste Thüringerin Heike Bergmann, die im Trikot der LG Nord Berlin startete, erreichte als 5. Frau mit 181,517 Kilometern das Ziel. Für sie war die DM eher ein Vorbereitungslauf für den 245 Kilometer-Spartathlon Ende September. Entsprechend locker ging sie das Rennen in Gotha und hatte anschließend im Ziel noch die Kraft für ein Tänzchen mit ihrem Lebenspartner Christian, der sie an der Strecke betreute.
Für viele andere Thüringer Starter war die Meisterschaft in Gotha der erste 24-Stundenlauf überhaupt. Marcel Ernst von den Tambacher Sonntagsläufern jubelte im Ziel über seine neue persönliche Bestleistung von 154 Kilometern. Der „Guts Muths“ vom Rennsteiglaufverein, Kamen Pawlow, freute sich über 171 Kilometer: „genau einmal die Rennsteig-Distanz“.
Holger Sakuth aus Eisenach war mit seinen 169 Kilometern nicht ganz so zufrieden. Hatte er sich doch zusammen mit Hans-Joachim Petermann (156 Kilometer) und dem Erfurter Frank Becker Chancen auf einen Podestplatz bei den Senioren-Mannschaftsmeisterschaften (Ü50) ausgerechnet. Doch Becker musste das Rennen verletzungsbedingt nach 18 Stunden und 131 Kilometern beenden. Das Team von Lauffeuer Fröttstädt landete damit auf Rang 5.
Besondere Freude machte den Veranstaltern und Zuschauern die jüngste Läuferin im Feld. Die 20-jährige Lena Petermann, die ebenfalls für Lauffeuer Fröttstädt startet, wollte eigentlich nur mal ein bisschen den Papa begleiten und Meisterschaftsluft schnuppern. Ihre bisherige maximale Laufstrecke waren 55 Kilometer gewesen. In Gotha hielt sie 24 Stunden durch und sorgte mit 138,9 Kilometern für einen weiteren Thüringer Altersklassen-Sieg in der W20. Neben Peter Flock (M45) gewannen auch Martin Armenat (M35/ 203,839 Km) und Aurel Weber (M40/ 195,615 Km) ihre Altersklassen.
Nahezu alle Thüringer Ultraläufer hatten sich am ersten Sonntag des Monats September pünktlich um 9.00 Uhr beim „XXL-Lauftreff“ eingefunden, der diesmal ausnahmsweise nicht am Rennsteig sondern in Gotha stattfand. Wer nicht selbst mitlief, brachte sich als Helfer ein.
Zusammen mit Frank Aust durfte ich meine Lauffreunde am Mikrofon unterstützen und mir damit aus bester Sichtpostion einen persönlichen Eindruck für meinen Bericht verschaffen. Der Dank für ein perfektes Ultralauf-Event gilt dem Organisatorenteam um Gunter Rothe, der sicher selbst gern mitgelaufen wäre.
Die Verantwortlichen von der Deutschen Utramarathon-Vereinigung waren vor Ort, das „Lauffeuer Fröttstädt“ und die „Lauffreunde Gotha“ waren diejenigen, die alles für die Läufer getan haben. „Das war allerbeste Werbung für den Ultralaufsport und Thüringen – von Läufern für Läufer gemacht“, so ein zufriedener Cheforganisator Gunter Rothe.
Weitere Berichte:
Thüringen-Journal des MDR vom 3.9.2017
Fotos: Theo Willing
Nach der 24hDM, 2.9.2017 Gotha, möchte ich mich beim DUV für das Vertrauen in uns Thüringer bedanken und die enorme Arbeit bei der Durchführung einer perfekten Sportveranstaltung würdigen – Lauffeuer + Freiwillige Feuerwehr Fröttstädt und Lauffreunde Gotha! Einen super Bericht darüber ließt man jetzt auf LAUFSZENE THÜRINGEN – der Text von Jens Panse und die vielen Fotos von Theo Willing – einfach ULTRA!
Was hat mich persönlich am meisten beeindruckt? Zunächst der Fakt, das eine Deutsche Meisterschaft in Gotha stattfindet, deswegen musste ich teilnehmen. Für den GutsMuths-Rennsteiglaufverein startend schaffte ich ohne spezielles Training die gesamte Länge vom Rennsteig, was mich sehr stolz macht!
Beeindruckender konnte die Kulisse nicht sein! Wir durften im denkmalgeschützten englischen Garten von 1766 rund um das Residentschloss Friedenstein laufen und genossen Ausblicke zur Altstadt und Orangerie. Wer nach 10 Stunden Laufen noch ein Blick für das Schöne hatte, wurde wirklich reichlich belohnt! Im Landschaftspark waren die Wettkampfwege in der Nacht zusätzlich ausgeleuchtet und die mächtigen Eichen wirkten märchenhaft bizarr!
Kamen wird diesen Lauf nie vergessen!