Vor zwei Jahren ließen Marcel Bräutigam und Christian König mit schnellen Zeiten beim Kassel Marathon aufhorchen. Bräutigam lief auch im letzten Jahr mit Bestzeit als schnellster Deutscher in Ziel. Zwischenzeitlich wechselten die Veranstalter vom Mai in den September, um dem Rennsteiglauf aus dem Weg zu gehen und so auch mehr Thüringer zum Lauf ins benachbarte Hessen zu locken. Zum Jubiläum wollte der diesjährige Rennsteiglaufsieger Marcel Krieghoff mit einer neuen persönlichen Bestzeit für ein Ausrufezeichen an der Fulda sorgen. Doch mit Adrian Panse erreichte ein anderer Thüringer hinter den siegreichen Kenianern als schnellster deutscher Teilnehmer auf Platz 6 das Ziel im Auestadion.
Nachdem es am Vortag auch in Kassel reichlich gegossen hatte, zeigte sich das Wetter am Sonntag mit den Teilnehmern beim Jubiläumsmarathon gnädig. 14 Grad Lufttemperatur, bewölkter Himmel und nur ein leichter Wind – nahezu ideale Wetterbedingungen für einen Marathon. Rund 500 Marathonis hatten sich am Start an der Messe in Kassel eingefunden. Aufgefüllt wurde das Feld durch die zahlreichen Staffeln, bei denen sich jeweils 4 Läufer in die Strecke teilen. Bereits eine halbe Stunde zuvor, waren die Halbmarathonläufer auf die Strecke geschickt worden, die eine verkürzte Runde laufen. Leider orientiert sich die Streckenführung nicht an den ohnehin wenigen Sehenswürdigkeiten Kassels. Die Innenstadt und auch die grüne Lunge Kassels, der Buga-Park entlang der Fulda, werden weitestgehend ausgespart. Der Veranstalter setzt lieber auf eine möglichst schnelle Straßenlaufstrecke, um so und zusätzlich mit Startgeldern afrikanische Spitzenläufer anzulocken.
Die bildeten auch in diesem Jahr gleich nach dem Start eine Fünfer-Spitzengruppe. Dahinter lief Marcel Krieghoff ein einsames Rennen, denn erst mit größerem Abstand folgten die vierköpfige afrikanische Frauenspitzengruppe und Adrian Panse vom USV Erfurt, der mit der schnellsten deutschen Frau, Christl Dörschel aus Wenden, ein Gespann bildete. Leider verlief sich das Duo auch gemeinsam bei Kilometer 14, wo sie einem falsch abgebogenen Staffelläufer folgten. Eigentlich ein Unding bei einem Stadtmarathon, wo man angesichts der großen Abstände zwischen den Spitzenläufern mehr in Streckenmarkierungen, Absperrungen und Streckenposten investieren müsste. Nachdem das Missgeschick bemerkt und beide auf die eigentliche Strecke zurückgekehrt waren, trennten sich dann ihre Wege. Mit Wut im Bauch beschleunigte der Thüringer, der seit zwei Jahren in Kassel studiert, und setzte zur Aufholjagd auf die zwischenzeitlich vorbeigezogenen Läufer an.
Bei Kilometer 25 bildeten die drei Kenianer die Spitze. Marcel Krieghoff lag als 6. gut im Zeitplan und Adrian Panse war als drittbester Deutscher auch wieder auf Kurs neue persönliche Bestzeit. Den Kilometer 30 passierte Krieghoff noch in starken 1:43:31 Stunden. Doch dann passierte ihm das Missgeschick. Er stürzte in einer Kurve und zog sich dabei Wunden und Prellungen zu, die ihm ein Weiterlaufen nicht möglich machten. Der 28-jährige Edwin Kosgei kam in 2:15:46 Stunden zu einem sicheren Erfolg vor seinem Landsmann und Sieger von 2013, Hosea Tuei (2:18:41), sowie dem dritten Kenianer Antony Waiuri (2:21:23). Ybekal Daniel Berye und Demeke Wosene folgten auf den Rängen. Spannender ging es bei den Frauen zu. Erst im Schlussspurt sicherte sich Sintayehu Kibebo aus Äthiopien in 2:42:13 Stunden den Sieg vor der Kenianerin Gladys Kiprotich. Die Dritte, Prisca Kiprono (Kenia), war schon weiter zurück. Auf Rang vier lief Marianna Jallow aus Gambia in 2:44:59 einen neuen Landesrekord.
Danach kam schon Adrian Panse als schnellster deutscher Teilnehmer ins Ziel und wurde von den Zuschauern im Kassler Auestadion dafür gefeiert. „Ich konnte es erst gar nicht glauben als mir das Zuschauer kurz vorm Ziel zuriefen“, zeigte sich der 25-Jährige überrascht. In 2:51:36 Stunden konnte er seine Vorjahreszeit vom Frankfurt-Marathon damit um rund drei Minuten verbessern. Angesichts der Zeiteinbuße unterwegs und der schwierigeren Strecke in Kassel, die vor dem Ziel nochmal einiges an Höhenmetern aufweist, dürfte da noch einiges an Potential stecken, ist nicht nur der Autor dieses Beitrages überzeugt, der sich solidarisch mit auf die Strecke begab und in 3:46:55 Stunden den Rückstand auf seinen Sohn noch knapp unter einer Stunde halten konnte.
Mit 10.015 gemeldeten Teilnehmern hatte der Jubiläums-E.ON Kassel Marathon deutlich weniger Starter als im Vorjahr (über 11.000). Während sich der Veranstaltungswechsel in den Herbst erstmals mit einem Rückgang beim Mini-Marathon bemerkbar machte, sieht Organisationsleiter Winfried Aufenanger aber beim „Kernwettbewerb Marathon“ einen Zuwachs. So kurz vor dem Berlin Marathon dürfte er es aber schwer haben sich durchzusetzen, denn wer läuft schon eine Woche zuvor einen Marathon als Generalprobe?
Mein Fazit: Die Zuschauer an der Strecke sind sehr bemüht und schaffen es auch besonders an den Wechselpunkten Stimmung zu verbreiten. Dazwischen folgen aber lange Passagen durch Gewerbegebiete und relativ trostlose Randbezirke. Es gibt sicher deutlich attraktivere Stadtmarathonläufe in Deutschland. Aber für diejenigen Thüringer, die keine Startkarte mehr für Berlin ergattern konnten und denen Frankfurt zu spät ist, lohnt sich der Ausflug wegen der Nähe und dem guten Preis-Leistungsverhältnis für einen flotten Marathonlauf im Spätsommer durchaus.
(Fotos: Anna Lena Panse)