Mit circa 21 Kilometern Länge führt die „Schimmelreiter-Route“ in Nordfriesland naturliebende Touristen durch eine einzigartige Landschaft, die schon Theodor Storm in seinen zahlreichen Werken inspirierte. Ziemlich genau 21,0975 Kilometer und wohl keine Zeit für einen Blick in die Natur lagen am Sonntag vor den Teilnehmern der Deutschen Halbmarathonmeisterschaften im schleswig-holsteinischen Husum.
Bereits im Vorjahr liebäugelte der örtliche Veranstalter LAV Husum mit der Vergabe der Titelkämpfe in die „graue Stadt am Meer“, wie einst Storm sie nannte. Jedoch erhielt Freiburg den Zuschlag und man bekam im vergangenen Jahr als Alternative die Ausrichtung der Deutschen Meisterschaften im 100 km Lauf angeboten und wenig später auch zugesprochen.
Pünktlich 11:00 Uhr ertönte der Startschuss für die knapp 400 Athletinnen und Athleten aller Altersklassen. Somit lagen nur etwa halb so viele Meldungen wie in Freiburg vor und man verzichtete auf die anfangs geplante zweite Startzeit. Der Kurs führte nach einer kleinen einführenden Schleife auf drei große Runden durch den Ortskern der Kreisstadt des Landkreises Nordfriesland und ist besonders für Zuschauer sehr attraktiv. Dass Husum im Jahresdurchschnitt zu den windigsten Orten Deutschlands zählt, bekamen auch die Athleten mit teils heftigem Wind zu spüren.
Aus Thüringer Sicht standen mit Christian Seiler und Christian König (beide GutsMuths-Rennsteiglaufverein) zwei Vizemeister der Mannschaftswertung aus dem Vorjahr am Start. Komplettiert wurde das Team im Kampf um die Podiumsplätze der Teamwertung durch den Erfurter Marcel Krieghoff, der in diesem Jahr aushilfsweise dem GutsMuths-Rennsteiglaufverein angehört.
Jedoch stand hinter dessen Teilnahme bis kurz vor dem Startschuss aufgrund einer hartnäckigen Erkältung ein großes Fragezeichen.
Auch der deutsche Straßenlaufmeister aus dem Jahr 2013, Rico Schwarz (ASV Erfurt), stand nach überwundener Erkältung wieder an der Startlinie und wurde in den Medien neben Titelverteidiger Manuel Stöckert (SC Ostheim/Rhön) und Phillip Pflieger (LG TELIS FINANZ Regensburg) zum Kreise der Podiumskandidaten gezählt. Für ihn persönlich stellte der Start in Norddeutschland allerdings ein Vorbereitungsrennen auf die anstehende Bahnsaison dar.
In der Startliste fehlte leider Marcel Bräutigam (GutsMuths-Rennsteiglaufverein), der vor zwei Wochen beim Vattenfall Berliner Halbmarathon in 1:05:06 Stunden um lediglich vier Sekunden am Thüringer Rekord von Torsten Trampeli (ESC Erfurt) aus dem Jahr 1993 vorbei schrammte und so für Aufsehen sorgte. Zeitgleich stand der 27-jährige aber beim Vienna City Marathon wie im Vorjahr als Pacemaker für Titelverteidigerin Anna Hahner (Run2Sky.com) an der Startlinie, die versuchte eine ähnliche Sensation wie 2014, als sie die führende Kenianerin Caroline Chepkwony 300m vor dem Ziel noch abfing, zu wiederholen.
Der Regensburger Phillip Pflieger war es, der nach dem Start das Kommando übernahm und sich an die Spitze des Feldes setzte. Vorjahressieger Manuel Stöckert und der 22-jährige Eritreer im Trikot der SG Wenden, Ejob Solomun, konnten folgen und lieferten sich einen spannenden Dreikampf.
Trotz des bis Freitag andauernden Trainingslagers hatte der 27-jährige Pflieger in der Schlussphase die besten Beine und konnte das Rennen am Ende in 1:04:12 Stunden gewinnen. Er lag damit nur knapp über seiner erst drei Wochen alten Bestzeit aus Venlo (1:03:50 Stunden). Platz Zwei sicherte sich in neuer persönlicher Bestzeit von 1:04:31 Stunden Manuel Stöckert vor Ejob Solomun in 1:04:57 Stunden.
Bester Thüringer wurde in 1:07:20 Stunden und als 13. der Gesamtwertung Rennsteiglauf-König Christian Seiler. Zwar konnte der Pöllwitzer die letzten Wochen aufgrund einer Zerrung nur eingeschränkt trainieren, dass dies für ihn kein Problem darstellte, zeigte er mit einer beeindruckenden Leistung. Nach dem Zieleinlauf zeigte sich Seiler folglich sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Zum 43. GutsMuths-Rennsteiglauf am 9. Mai wird der 31-jährige nach drei Siegen in Serie beim Supermarathon wieder beim Marathon mit Start in Neuhaus angreifen.
Eher enttäuschend lief hingegen der Ausflug nach Husum für Marathon-Ass Christian König. Die 10 km Marke passierte König noch in 31:15 Minuten in der Verfolgergruppe, der u.a. auch Christian Seiler, Rico Schwarz und Marcus Schöfisch (LAZ Leipzig) angehörten, musste dann jedoch wenig später abreißen lassen. Allein kämpfte er gegen den starken Wind, was sich auch deutlich in seinen Kilometerzeiten bemerkbar machte. Nach 1:08:45 Stunden erreichte er schließlich als 21. das Ziel und war im Anschluss sehr unglücklich mit dem Verlauf des Rennens.
Vorzeitig die Segel streichen mussten hingegen Rico Schwarz und Marcel Krieghoff.
Einen „Anfängerfehler“ nannte es Rico Schwarz nach dem Rennen. Bereits nach fünf Kilometern hatte sich der Erfurter die Ferse wund gelaufen und stieg als Vorsichtsmaßnahme, um keinen längeren Trainingsausfall zu riskieren, nach zehn Kilometern vorbeugend aus dem Rennen aus. Als nächstes Highlight steht für den 26-jährigen die Deutsche Meisterschaft über 10.000m am 02.05.2015 in Ohrdruf auf dem Plan.
Auch der 31-jährige Krieghoff passierte die 10 km Marke noch planmäßig in 32:57 Minuten, doch der angesprochene Infekt schwächte ihn mehr als erwartet. Vorsorglich beendete er nach 12 Kilometern erstmals ein Rennen vorzeitig, um dadurch eine Gesundheitsgefährdung zu vermeiden.
Ebenfalls eine starke Leistung zeigte der Neu-Leipziger 3000m Hindernis-Spezialist Marcus Schöfisch (LAZ Leipzig). In 1:07:35 Stunden erreichte er knapp hinter Christian Seiler das Ziel und wurde mit dieser Leistung 15. der Gesamtwertung.
Außerdem erreichte in 1:28:33 Stunden Thomas Wirsing vom SV Edelweiß Crock den 16. Platz in der Altersklasse M35.
Im Rennen der Frauen setzte sich die zwischen 2012 bis 2014 wegen Dopings gesperrte Simret Restle-Apel (Grün-Weiß Kassel) ungefährdet in 1:14:37 Stunden durch und sicherte sich nach 2012 ihren zweiten Titel über diese Distanz. Ihre Bestzeit von 1:12:57 Stunden aus dem Jahr 2010 verpasste sie jedoch klar. Auf den zweiten Rang lief mit 20 Sekunden Rückstand auf die gebürtige Eritreerin Anja Schneider (LG Telis Finanz Regensburg). Den dritten Platz in 1:15:45 Stunden sicherte sich bei ihrem Halbmarathon-Debüt nach verhaltenem Beginn die Mittelstrecklerin und ehemalige Wahl-Erfurterin Annett Horna (LC Rehlingen), die seit Anfang des Jahres ebenso wie Marcus Schöfisch in Leipzig lebt.