In der Dortmunder Helmut-Körnig-Halle wurden am 23. und 24. Februar zum 60. Mal die deutschen Leichtathletik-Hallentitel vergeben. Der Austragungsort ist mittlerweile bestens bekannt, denn hier wurde in den vergangenen Jahren schon 14 Mal nach den neuen Deutschen Meistern gesucht.
Im Jahr „Eins“ nach den Europameisterschaften in Helsinki und den Olympischen Spielen in London wollten die zahlreichen Leichtathleten (ca. 500 Teilnehmerinnen und Teilnehmer) vor vollen Rängen in der seit Wochen ausverkauften Halle ihre Topleistungen aus dem Vorjahr bestätigen bzw. die verpatzten Chancen aus dem Jahr 2012 vergessen machen.
Mit den Hallen-Europameisterschaften im schwedischen Göteborg (01. – 03. März 2013) steht auch schon der nächste große internationale Höhepunkt vor der Tür. Hier galt es, sich mit starken Leistungen für dieses Event zu empfehlen.
Dies traf auch auf die Läufer aus Thüringen zu. Mit Youngster Kevin Stadler (800 m), im Vorjahr Zweiter über 800 m, dem 800 m EM-Halbfinalisten von Helsinki 2012, Sebastian Keiner (1.500 m), und dem deutschen Vizemeister von 2011 über 3.000 m, Rico Schwarz, hatten wir einige „heiße Eisen“ im Feuer. Dem lange verletzten WM-Halbfinalisten von 2009, Stefan Eberhardt, blieb das Pech treu. Er musste leider den geplanten Start über 1.500 m absagen.
Eröffnet wurden die Deutschen Meisterschaften mit den Vorläufen der Frauen und Männer über 1.500 m. Zwar qualifizierte sich mit Astrid Hartenstein vom 1. SV Gera eine Athletin aus Thüringen für diese Strecke (ebenso qualifiziert für 800 m), doch sie setzte ihre Priorität auf das am Abend stattfindende 3.000 m Rennen.
Bei den Männern waren mit Sebastian Keiner und Sebastian Schäller zwei Mittelstreckler vom Erfurter LAC auf der Dortmunder Rundbahn unterwegs. Dem aus Suhl stammenden Keiner wurden bereits im Vorfeld Außenseiterchancen eingeräumt, sahen die Experten doch ein Duell zwischen dem EM-Finalisten Florian Orth (LG Telis Finanz Regensburg) und dem Titelverteidiger Homiyu Tesfaye (LG Eintracht Frankfurt) voraus. Für Keiner ging es neben dem Titel noch um die Normerfüllung (3:41,00 min) für die Hallen-Europameisterschaften in Schweden, die Orth mit gelaufenen 3:39,97 min schon in der Tasche hatte.
Das Erreichen des Finales war für Sebastian Keiner kein Problem. Er wurde im schnelleren der beiden Vorläufe in 3:50,01 min hinter dem zeitgleich gestoppten Homiyu Tesfaye Zweiter. Für Sebastian Schäller bedeutete der Vorlauf bereits das Aus. Nach großem Kampf erreichte er als Achter in 3:56,09 min das Ziel und scheiterte an der Zeitregel, wonach sich die 12 Zeitschnellsten für die nächste Runde qualifizieren.
Direkt im Anschluss folgten auch schon die Vorläufe über 800 m. Mit dem deutschen Vizemeister aus dem Vorjahr, Kevin Stadler, war lediglich ein Thüringer auf den vier Runden unterwegs. Auch ihm wurde die Zeitregel zum Verhängnis, die den schnellsten Acht ein Weiterkommen sicherte. Im deutlich langsameren der beiden Vorläufe wurde Stadler, nach einer mit vielen Rangeleien hart umkämpften vierten Runde, letztendlich Dritter. Dies reichte leider nicht für den Finaleinzug. Im anderen Vorlauf qualifizierten sich hingegen alle Athleten, die das Ziel erreichten.
Die mit Spannung erwarteten 3.000 m Rennen der Männer und Frauen folgten dann am frühen Abend. Mit seinem Sieg beim hochkarätig besetzten Silvesterlauf in Bietigheim und der neuen persönlichen Hallen-Bestzeit (8:04,36 min) vor wenigen Wochen im französischen Mondeville, galt Rico Schwarz vom ASV Erfurt im Vorfeld als einer der Favoriten auf die vorderen Plätze. Vom Start weg setzte sich der Vize-Europameister von 2010 über 1.500 m, Carsten Schlangen (LG Nord Berlin), an die Spitze und legte mit dem Willen, die Gruppe frühzeitig zu sprengen, ein hohes Tempo vor. Etwa bis zur Hälfte konnte der an Position zwei liegende Schwarz das Tempo mitgehen, bekam dann jedoch zunehmend Probleme und musste abreißen lassen. Auch das Tempo der Verfolgergruppe konnte er nicht halten. Schließlich kam er völlig frustriert als Achter in 8:18,13 min ins Ziel. Der Sieg ging souverän an Carsten Schlangen, der als Einziger unter der magischen 8-Minuten Marke in 7:55,37 min einlief. Bei den Frauen gab es mit sieben Athletinnen ein sehr überschaubares Teilnehmerfeld. Unter ihnen die Thüringerin Astrid Hartenstein vom 1. SV Gera. Mit dem „LG Telis Finanz Regensburg-Express“ um Corinna Harrer (Olympia-Halbfinalistin über 1.500 m), Maren Kock und Carolin Aehling – gleiche Reihenfolge beim Zieleinlauf, setzten sich drei Frauen an die Spitze und das Tempo wurde von Anfang an sehr hoch gehalten. Astrid Hartenstein lief ihr Tempo, musste gegen Ende des Rennens dann aber ihrer zu hohen Anfangsgeschwindigkeit Tribut zollen. In 9:43,84 min erreichte sie knapp vier Sekunden über ihrer persönlichen Bestzeit das Ziel. Der Sieg ging an die haushoch überlegene Regensburgerin Corinna Harrer in 9:04,21 min.Am Final-Sonntag war es somit Sebastian Keiner (Erfurter LAC), der als einzig verbliebener Athlet aus dem Freistaat das bisher verkorkste Wochenende aus Thüringer Läufersicht noch zum Positiven wenden konnte.
Kurz nach dem Start des 1.500 m Laufs setzte sich Sebastian Keiner mutig an die Spitze, die er bis zu Beginn der letzten Runde nicht mehr abgeben sollte. Das hohe Tempo ließ das Feld förmlich zerreißen und an der Spitze bildete sich eine Dreier-Gruppe mit Sebastian Keiner, Homiyu Tesfaye (LG Eintracht Frankfurt) und Florian Orth (LG Telis Finanz Regensburg). Dieser überholte Sebastian Keiner und ging als Führender in die letzte Runde, Homiyu Tesfaye stürmte hinterher. Auf der Zielgeraden gab es dann einen spannenden Zweikampf zwischen Orth und Tesfaye. Mit nur fünf Hundertstel Vorsprung auf Homiyu Tesfaye konnte sich Florian Orth in 3:41,00 min seinen zweiten Hallen-Titel nach 2011 sichern. Für Sebastian Keiner bedeutete das den dritten Platz und eine neue persönliche Bestzeit von 3:43,25 min.
Laufszene Thüringen gratuliert allen Athletinnen und Athleten zu den erbrachten Leistungen. Besonders hervorzuheben sind die Leistungen der in Erfurt wohnenden Annett Horna (LC Rehlingen) und von Julian Reus (TV Wattenscheid 01). Annett Horna sicherte sich in neuer persönlicher Bestzeit den Titel über 1.500 m und konnte sich überraschend gegen die Sujew-Twins durchsetzen. Julian Reus lief über 60 Meter ebenfalls in neuer persönlicher Bestzeit von 6,56 Sekunden überlegen zum Deutschen Meistertitel. Mit solch einer Leistung kann er am kommenden Wochenende bei den Hallen-Europameisterschaften durchaus ein kräftiges Wörtchen um die Finalplätze sowie eine gute Platzierung mitreden.
Bericht von Tobias Henkel und Kati Kleppe