Bereits zum achten Mal fanden am vergangenen Wochenende die Deutschen Leichtathletik Meisterschaften im baden-württembergischen Karlsruhe statt. Doch erstmals nicht wie ursprünglich geplant in der Europahalle. Diese wurde aus Brandschutzgründen im Mai vergangenen Jahres für Großveranstaltungen gesperrt. Eine Absage stand aber nie zur Debatte und so präsentierte man bereits kurze Zeit später mit dem Umbau der Messehalle 2 in eine Leichtathletik-Arena eine adäquate Lösung.
Für knapp 1.500.000 € kaufte man im Juli 2014 von der Stadt Göteborg deren alte Anlage, auf der 2013 u.a. die Hallen-Europameisterschaft stattfand. Nach einer Generalüberholung in Tallin (Estland) erfolgte der Transport in die Fächerstadt Karlsruhe, wo im Januar die verleihbare und mobile 330 Tonnen schwere Anlage wie ein Puzzle aus über 2.500 Teilen zusammengesetzt wurde.
Statt vier stehen nun sechs Laufbahnen zur Verfügung. Mit dem Karlsruher Indoor-Meeting und den Landesmeisterschaften hat sie im Januar ihre Feuertaufe mit Bravur bestanden.
Eine mögliche Bewerbung für die Hallen-EM 2021 wurde vom DLV Präsidenten Clemens Prokop bereits ins Gespräch gebracht.
Spannende Meisterschaftsrennen waren garantiert, denn die DM in Karlsruhe ist zugleich die letzte Chance, um sich eines der begehrten Tickets für die in zwei Wochen stattfindende Hallen-EM in Prag (5. bis 8. März) zu sichern.
In einem vierstündigen Programm war es das Ziel, durch komprimierte Teilnehmerfelder eine Meeting-Atmosphäre zu schaffen, was auch ganz gut gelang. Im Vergleich zur Stimmung in der Europahalle ist in der Messehalle jedoch noch ausreichend Luft nach oben.
Auf einige namhafte Thüringer musste der angereiste Fan aus dem Freistaat leider verzichten. Kevin Stadler (Erfurter LAC) befindet sich nach einem Anriss der Plantarsehne noch im Aufbau. Rico Schwarz (ASV Erfurt) sagte seinen Start vor zwei Wochen aufgrund einer Erkältung, die ihn bereits bei den Landesmeisterschaften zu schaffen machte, ab, da er einen langen Ausfall wie 2014 nicht nochmal riskieren möchte. Seinen Start bei den deutschen Crosslauf-Meisterschaften Anfang März sieht er jedoch nicht in Gefahr. Annett Horna (LC Rehlingen), die ehemalige Wahl-Erfurterin und Titelverteidigerin über die 1.500m, die ihren Lebensmittelpunkt vor wenigen Wochen nach Leipzig verlegt hat, musste ihren Start ebenfalls kurzfristig krankheitsbedingt absagen.
Somit waren es lediglich die amtierenden Hallen-Landesmeister Astrid Hartenstein (LV Gera), Sebastian Keiner (Erfurter LAC) und Philipp Reinhardt (SV Einheit 1875 Worbis), die die Farben des Freistaats vertreten haben.
Los ging es Samstagmittag mit den Vorläufen über 1.500m und 800m.
Im ersten Wettkampf des Tages musste sich die Vorjahreszehnte Astrid Hartenstein über die 1.500m beweisen. Neben den jeweiligen Siegerinnen qualifizierten sich die zehn Zeitschnellsten. Bei insgesamt 14 Teilnehmerinnen in beiden Vorläufen war das für Astrid Hartenstein eine lösbare Aufgabe.
Mit dem Vorteil im zweiten Lauf starten zu können und somit die Zeiten, die es zu schlagen galt, bereits zu kennen, qualifizierte sich die 27-jährige Geraerin als Sechste in 4:33,50 Minuten (sechstschnellste Zeit insgesamt) souverän fürs Finale am Sonntag. Der Sieg ging in diesem deutlich schnelleren Rennen in 4:33,10 Minuten an Thea Heim von der LG Telis Finanz Regensburg.
Die Vorläufe über die 1.500m der Männer wurden mangels Teilnehmern hingegen kurzfristig abgesagt und somit qualifizierten sich alle gemeldeten Athleten kampflos für das Finale am Sonntag.
Im Vorlauf über die 800m hatte Sebastian Keiner vom Erfurter LAC eine ähnliche Ausgangsposition wie Astrid Hartenstein. Von den jeweils sechs Athleten in beiden Läufen qualifizierten sich die Sieger und die insgesamt sechs Zeitschnellsten. Für Sebastian Keiner sollte das angesichts seiner aktuellen Form kein Problem sein. Ebenfalls im zweiten Lauf startend, konnte sich der Suhler auf ein taktisches Rennen einlassen, da er die Zeiten kannte, die es zu unterbieten galt. Mit der schnellen Siegerzeit von 1:49,41 hat Robin Schembera (TSV Bayer 04 Leverkusen) im ersten Vorlauf seine Titelambitionen untermauert. Als sicherer Zweitplatzierter erreichte Sebastian Keiner im zweiten Qualifikationslauf in 1:50,77 Minuten hinter dem Vorjahresvierten Patrick Schoenball (1:50,30 Minuten – TSV Bayer 04 Leverkusen) den Endlauf.
Über die 3.000m gab es für den Thüringer Philipp Reinhardt vom SV Einheit 1875 Worbis das erwartete taktische und für Meisterschaften typische Rennen. Mit den drei Norm-Erfüllern für die Hallen-EM in Prag, Richard Ringer (VfB LC Friedrichshafen), Florian Orth (LG Telis Finanz Regensburg) und Clemens Bleistein (LG Stadtwerke München) hatte er eine richtig schwere Aufgabe vor sich. Der Titelverteidiger Homiyu Tesfaye (LG Eintracht Frankfurt) konzentrierte sich an diesem Wochenende voll auf die 1.500m. Im zügigen Dauerlauftempo absolvierten die Athleten zunächst die ersten Runden und keiner wollte so recht die Verantwortung für ein schnelleres Tempo übernehmen. Mit Durchgangszeiten von 3:07,75 Minuten über 1000m und 6:02,95 Minuten über 2.000m blieb das Feld zunächst dicht beisammen.
Nach 2300 Metern war es schließlich Florian Orth, der EM-Zehnte von Zürich über die 1.500m, der die Initiative ergriff, das Tempo deutlich erhöhte und damit das Rennen eröffnete. Philipp Reinhardt war stets in Lauerstellung und konnte die Tempoforcierung mitgehen, jedoch war eingangs der vorletzten Runde bereits eine kleine Lücke zum Führungstrio Ringer, Orth und Bleistein aufgerissen, die den Titel letztendlich unter sich ausmachten. In einem packendem Zielspurt sicherte sich Richard Ringer, der EM-Vierte von 2014 über die 5.000m, in einem Fotofinish in 8:29,57 Minuten vor Florian Orth (8:29,61 Minuten) und Clemens Bleistein (8:29,61 Minuten) den Titel. Philipp Reinhardt, der 20-jährige Deutsche Hochschulmeister 2015 über die 3.000m, zeigte ein ganz starkes Rennen und lief in 8:31,30 Minuten souverän auf Platz vier. In dem hochkarätig besetzten Teilnehmerfeld holte er so das Maximale aus dem Rennen.
Am Finalsonntag ging es dann mit den Entscheidungen Schlag auf Schlag weiter. Auch die Stimmung war spürbar besser wie am Vortag und die Halle mit 4600 Zuschauern bis auf den letzten Platz gefüllt.
Für die erste Überraschung des Tages und zugleich den ersten Hallenmeistertitel für den Freistaat am Wochenende sorgte Dreispringer Marcel Kornhardt (ASV Erfurt), der mit 16,21 Metern nicht nur eine neue persönliche Bestleistung aufstellte, sondern auch seinen ersten deutschen Meistertitel bei den Männern feiern konnte.
Im Finale über 800m kam es anschließend wieder zum spannenden Duell zwischen dem Hallenmeister von 2008, 2010 und 2013, Robin Schembera (TSV Bayer 04 Leverkusen) und dem lange Zeit verletzten und nun wieder erstarkten Titelträger von 2009, Sebastian Keiner (Erfurter LAC). Bereits in der Jugend lieferten sich beide Athleten zahlreiche packende Zweikämpfe. Nach dem Startschuss setzte sich zunächst der Titelverteidiger Andreas Lange (LG Braunschweig) auf den ersten beiden Runden an die Spitze des Feldes. 250 Meter vor dem Ziel erfolgte schließlich der erwartete Antritt von Robin Schembera, dem lediglich Sebastian Keiner Paroli bieten konnte. Mit einem hauchdünnen Vorsprung von nur vier Hundertstelsekunden sicherte sich der Leverkusener Schembera in 1:50,14 Minuten den Titel vor Sebastian Keiner. Rang drei belegte in 1:50,55 Minuten der Vorjahresfünfte Jan Riedel vom Dresdner SC 1898.
Im 1.500m Finale der Frauen ging es für Astrid Hartenstein (LV Gera) weniger um den Titel, mit einem taktischen Rennen war aber durchaus eine gute Platzierung möglich.
Doch da hatten die anderen Athletinnen etwas dagegen. Das rasante Anfangstempo zog das Feld schnell in die Länge. An Position neun gelegen, lief die 27-jährige Geraerin ein starkes Rennen, musste am Ende jedoch noch zwei Läuferinnen den Vortritt lassen. In 4:29,84 Minuten schrammte sie um 14 Hundertstelsekunden an ihrer Saisonbestleistung vorbei und war auch nicht hundertprozentig zufrieden mit ihrer Leistung. Maren Kock (LG Telis Finanz Regensburg) gewann mit persönlicher Hallenbestleistung in 4:13,72 Minuten souverän den Titel vor Konstanze Klosterhalfen (TSV Bayer 04 Leverkusen), der U20-Titelträgerin vom vergangenen Wochenende, die in 4:15,25 Minuten sogar neuen U20 Europarekord lief. Auf Platz drei kam Thea Heim (LG Telis Finanz Regensburg) ins Ziel, die mit 4:16,61 Minuten ebenfalls eine neue persönliche Bestleistung aufstellte.