In der Laufszene sind Ultraläufer, also Läufer, die über die Marthondistanz hinaus laufen, eine Minderheit. Daran ändert in Thüringen auch der Supermarathon auf dem Rennsteig nichts, obwohl er einer der teilnehmerstärksten Ultraläufe in Europa ist. Auch wenn dieser Minderheitenstatus nicht ansatzweise in Gefahr gerät, ist in den letzten Jahren ein Anwachsen der Ultralaufszene zu beobachten. So war wohl nicht nur dem 40. Jubiläum der Rennsteiglaufs ein neuer Teilnehmerrekord beim Supermarathon 2012 zu verdanken. Von den 2578 gestarteten Läufern kamen 2489 in Schmiedefeld an und 62 beendeten den Lauf in Oberhof. Schon in den Vorjahren hatte der lange Kanten mit ca. 2000 Läufern stabile und beachtliche Teilnehmerzahlen erreicht. Christian Seiler unterbot als Sieger 2012 bei seinem ersten Ultrastart mit 5:10:20 Std. den alten Streckenrekord um 5 Minuten und scheinbar war für ihn noch mehr möglich gewesen. Bei den Frauen ging der Sieg wiederum nach Österreich. Karin Russ gewann hier mit 06:21:31 Std. Am 25. Mai 2013 findet der 41. Rennsteiglauf statt.
Ist der Rennsteiglauf nicht nur wegen des Supermarathons eine Großveranstaltung, so gehört der Thüringenultra in Fröttstädt im Jahr 2012 mit 191 Startern und 45 Staffeln immer noch zu den mittelgroßen Ultraläufen. Wegen der schönen Streckenführung und seiner familiären Atmosphäre hat der Lauf einen hervorragenden Ruf. Wer jedes Mal die 100 km absolviert hat, kann inzwischen einen großen Fünferstern und einen weiteren kleinen Stern auf seinem Finishershirt vorzeigen. Der Sieg bei den Herren blieb mit Marcus Baldauf vom WSV Brotterode in Thüringen. Die Siegerin Ines Melzer kam dagegen von der Elbe aus Jessen. Da die Strecke gegenüber den Vorjahren etwas geändert werden musste, nun Ruhla berührt und ca. 150 Höhenmeter mehr aufweist, sind die Zeiten der Sieger 2012 die Marken für künftige Streckenrekorde. Frühestens am 6. Juli 2013 können diese beim nächsten Thüringenultra fallen.
In Fröttstädt wurde auch noch ein zweiter Ultralauf ausgerichtet. Ende März fand 2012 nach einem Jahr Pause der zweite Sechs- und Zwölf-Stunden-Lauf statt. Die 20 Starter über 12 Stunden und die 30 über 6 Stunden nutzten diesen Lauf vorwiegend als Aufbauwettkampf für die Saison. Im Jahr 2013 findet der Sechs-Stunden-Lauf wieder in Rothenburg an der Fulda statt. Da Fröttstädt ursprünglich als Ersatz für einen ausgefallenen Lauf dort eingesprungen war, werden 2013 in Fröttstädt keine kleinen Runden gelaufen. Dies ist auch nicht so schlimm, da die Sechser deutschlandweit mehr geworden sind und man in Fröttstädt einem anderen noch größeren Projekt im Jahr 2013 nachgeht.
410 Starter über die 51 km lange Strecke war die zweithöchste Teilnehmerzahl der Harzquerung, wobei die statistischen Aufzeichnungen vor 1989 nicht vollständig sind. An den Teilnehmerrekord vom letzten Jahr mit 549 Läufern kam man allerdings nicht heran. Wahrscheinlich ist ein Grund, dass die Harzquerung 2012 nur zwei Wochen vor dem Rennsteiglauf lag. Als die Harzquerung vor 33 Jahren das erste Mal über kleine Pfade von Wernigerode nach Nordhausen geführt wurde, war der Begriff Trailrunning, mit dem sie heute bezeichnet würde, noch gar nicht erfunden. Es macht den Charme dieses Laufes aus, dass sich nicht nur die Strecke in den Jahren seit damals kaum geändert hat. Wie immer am letzten Aprilwochenende findet die nächste Harzquerung am 27. April 2013 statt und liegt damit optimale 4 Wochen vor dem Rennsteiglauf.
Der Sonnenuntergangs- Sonnenaufgangslauf in Apfelstädt zählte 2012 nur 17 Starter und zwei Zweierstaffeln und so war der ungewöhnliche 10-Stundenlauf auf einer Runde von 1,7 km der kleinste Ultra in Thüringen und wird es wohl auch am 14. Juni 2013 sein. Solche Veranstaltungen mit wenigen Startern, die mit überschaubarem Aufwand organisiert werden können, sind nicht untypisch für den Ultralaufbereich. Oftmals finden auch Gruppenläufe oder Läufe mit Selbstverpflegung statt, die teils als private Veranstaltungen nur über Mundpropaganda oder über Facebook ihre Teilnehmer finden.
Häufig, vor allem bei neuen Läufen, sind im Ultrabereich überlange oder besonders schwierige Strecken. Die 2300 Höhenmeterbeim Thüringenultra, die 10 Stunden in Apfelstädt oder die 12 Stunden in Fröttstädt sind Beispiele dafür und doch noch relativ normal. Auch der im letzten Jahr erstmals ausgetragene Himmelswegelauf bei Naumburg über 120 km ist nicht völlig außergewöhnlich. Spektakulärer ist schon die Brocken-Challenge, die im Februar auf über 80 km von Göttingen auf den Brocken führt. In den vergangenen Jahren kämpften sich etwa 150 Starter über die tief verschneiten Wege auf den Gipfel. Die 200 Startplätze für 2013 sind bereits alle vergeben. Im Jahr 2012 fand im Harz erstmalig auch der Hexenstieg – Ultralauf über 200 km und 4400 Höhenmeter statt – nicht in Etappen sondern nonstop! Peter Flock aus Gebesee wurde hier Dritter von 19 Finishern in 36:21 Std.
Einer der bekanntesten, wenn auch nicht neuen, überlangen Ultras ist der seit 1983 ausgetragene Spartathlon von Athen nach Sparta über 246 km. Etwa 350 Läufer begaben sich 2012 auf die Spuren des Boten Pheidippides, der während der Perserkriege 490 v. Chr. von den Athenern nach Sparta geschickt worden sein soll, wo er um Hilfe in der bevorstehenden Schlacht bei Marathon bat. Bei schwülen Temperaturen bis zu 38° erreichte von den drei Thüringer Startern nur Peter Flock das Ziel. Der 15. Platz in 30:28 Stunden ist umso bemerkenswerter, da nur 71 der gestarteten 310 Läufer überhaupt laufend in Sparta ankamen.
Überlange und schwierige Läufe sprießen vor allem in den Alpen hervor. Der seit 1986 stattfindende Swiss Alpine Marathon über 78 km auf der Hauptstrecke in Davos ist der Klassiker (1060 Finisher im Jahr 2012). Seit 2003 wird der Ultra-Trail du Mont-Blanc (UTMB) ausgetragen, der von Chamonix aus auf 168 km und 9600 Höhenmetern rund um den Mont-Blanc führt. Im Jahr 2012 erreichten 2126 Läufer auf der Hauptstrecke das Ziel. Und jährlich kommen immer wieder neue extreme Läufe hinzu, wie 2012 der Zugspitz-Ultratrail, bei dem jeweils knapp 300 Läufer auf Strecken von 100 km und 68 km im Zugspitzgebiet unterwegs waren.
In die Klasse der überlangen Ultras reiht sich 2013 auch eine Neuerung in Thüringen ein. Nachdem es in den vergangenen Jahren gelegentlich Einzelläufer gab, die den ganzen Rennsteig absolvierten, wird dies am 30. August 2013 erstmals in einem etwas größeren Rahmen möglich sein. Das Team vom Lauffeuer Fröttstädt lädt ein, den ganzen Rennsteig von Blankenstein nach Hörschel über 167 km nonstop zu laufen. Dabei ist Eigenverpflegung angesagt, denn Verpflegungsstellen wird es nur etwa alle 30 km geben. Es haben sich schon 62 Läufer angemeldet.
Ans Ende dieses Artikels passt gut, der bei Ultraläufer beliebte Spruch: „Jeder Verrückte kennt mindestens einen, der noch verrückter ist“. Wer nicht ganz so verrückt ist kann kurz hinter der Thüringer Landesgrenze bei Witzenhausen einen Ultra beim Bilstein-Marathon laufen. Der ist mit 1400 Höhenmetern „nur“ 53 km lang, aber so genau weiß man das laut Homepage wohl noch nicht.
Hallo Jörg,
schöner Artikel! Da stehen in 2013 wieder ein paar Ultrahighlights in Thüringen an. Die Fröttstädter wollen übrigens auch den Jägerstein-Ultra (erstmals Dezember 2012, 70km) fortsetzen, zusätzlich sogar mit einer Alternativroute außerhalb des Winters.
Viele Grüße
Steffen
Nächstes Jahr findet auch ein Ultra-Etappenlauf von Korbach in Hessen nach Nordhausen statt. Wir freuen uns schon riesig viele alte Bekannte wieder zu sehen.
http://www.meldelaeufer.de/barbarossa-etappenlauf/