Hinein ins Glück: Beim Paderborner Osterlauf jubelte Philipp Reinhardt (LC Jena) als bester deutscher Läufer über Platz neun und eine neue Bestzeit. Über 10 Kilometer verbesserte er seine Bestmarke um 52 Sekunden auf 29:27 Minuten. „Das Rennen verlief unerwartet gut. Das ich persönliche Bestzeit laufen kann und wenn es gut läuft unter 30 Minuten, das wusste ich, aber mit der Zeit hätte ich vorher nicht gerechnet“, zeigt sich der 23-Jährige über seine Leistung überrascht.
Die erste Standortbestimmung verlief recht vielversprechend. Und so kann es ruhig weitergehen. Bevor der Saisoneinstieg auf der Bahn, Reinhardt ist Hindernisläufer, vollzogen wird, steht ein weiteres Trainingslager auf dem Plan. Der Flieger hob Dienstag vor einer Woche ab. Statt unter dem grauen thüringischen Himmel bereitet er sich mit dem Hinderniskader im südafrikanischen Potchefstroom bei angenehmen Temperaturen um die 25 Grad auf die Freiluftsaison vor. Für den Feinschliff bleiben dreieinhalb Wochen. „Die Einheiten sind spezifischer unter anderem mit dem Fokus auf der Geschwindigkeit. Zudem sind die Umfänge höher als beim heimischen Training“, erklärt Reinhardt.
Zuvor ging es in eine bewährte Umgebung: Monte Gordo (Portugal). Dort versammelte sich bereits ein Großteil der deutschen Spitzenläufer wie Martin Grau (LSC Höchstadt/Aisch), Patrick Karl (TV Ochsenfurt) sowie die Erfurter Athleten Tim Stegemann und Marcel Lehmberg. „Das Verhältnis untereinander ist sehr gut und harmonisch. Man weiß, dass es die Konkurrenz nur im Wettkampf gibt“, beschreibt Reinhardt die Situation unter den Aktiven. Innerhalb der zweieinhalb Wochen wurde primär an den Grundlagen gearbeitet. Zurückgekehrt ist er Ende März mit gesundheitlichen Problemen am rechten Fuß. In Erfurt vertraute er sich Sportarzt Dr. Gerald Lutz an. Diagnose: eine Überreizung am fünften Mittelfußknochen. Das Lauftraining verlief etwas reduzierter, kompensiert durch Einheiten im Wasser und auf dem Fahrrad.
Das alternative Programm zeigte Wirkung: „Ich bin wieder schmerzfrei und kann ganz normal meine Einheiten absolvieren.“ Den Beweis, dass es rund läuft, zeigte sich beim Paderborner Osterlauf. Den Saisoneinstieg auf der Bahn wird es beim Internationalen Läufermeeting in Pliezhausen (14. Mai) geben. Zur Auswahl stehen zwei Optionen: 3000 Meter flach oder 2000 Meter Hindernis. „Ich tendiere eher zur flachen Distanz, um zu sehen, ob im Flachen alles rund läuft.“ Über die Hindernisse wird er beim Nationalen Sparkassen-Meeting in Jena (27. Mai) erstmals angreifen, wo sich ein Großteil der deutschen Spitzenläufer angekündigt hat. „Ich hoffe auf ein gutes Rennen mit einer schnellen Zeit.“ Seine Bestzeit über 3000 Meter Hindernis steht bei 8:44,60 Minuten, aufgestellt vor knapp einem Jahr bei der U23-DM in Bochum-Wattenscheid.
Möglich, dass die Zeit in diesem Jahr gehörig wackelt. Noch dazu, wenn die Deutschen Meisterschaften in Erfurt (8./9. Juli) ausgetragen werden. Gegenwärtig ist der nationale Höhepunkt für Reinhardt nur ein Datum. „Ich denke noch gar nicht daran. Sicherlich spürt man eine gewisse Vorfreude, aber erstmal denke ich an das Trainingslager in Südafrika. Darauf fokussiert man sich, das andere rückt in den Hintergrund. Einen Schritt nach dem anderen.“ Für die Zeit des Trainingslagers unterbricht der Medizinstudent das laufende Sommersemester an der Uni Jena. „Mit Hilfe des Dekanats habe ich den Stundenplan drumherum gebaut. Ich bin sehr dankbar, dass dort alles so unproblematisch verläuft.“ Nach seiner Rückkehr geht es direkt in ein zweiwöchiges Praktikum. Spezialisiert hat er sich noch nicht für eine Fachrichtung. „Das kommt erst nach dem Studium. Derzeit könnte ich mir Kardiologie sehr gut vorstellen.“
Jahrelang schlugen zwei Herzen in seiner Brust. Sportlich pendelte er zwischen Fußball und Leichtathletik beim SV Einheit 1875 Worbis. „Ich war ein sehr bewegungsfreudiges Kind. Fußball allein, das war mir zu wenig.“ In der achten Klasse häuften sich auf Grund der Doppelbelastungen die Verletzungen. Er musste sich entscheiden – und setzte auf die Karte Leichtathletik. Erste Erfolge stellten sich ein. Bei den Deutschen Jugendmeisterschaften in Jena (2011), wo er noch 800 Meter lief, stand sogleich der dritte Platz zu Buche. Anschließend folgte der Wechsel zu den Hindernissen sowie der erste Platz bei den Deutschen Jugendmeisterschaften 2012 in Mönchengladbach.
Auch wenn er nun durch sein Studium an Jena gebunden ist, kehrt er oftmals in die beschauliche Eichsfelder Heimat nach Worbis zurück. „Immer wenn ich nach Hause komme, dann ist das wie Urlaub für mich, auch wenn ich kein trainingsfrei bekomme. Ich genieße die Ruhe und fühle mich entschleunigt.“ Das gelingt nicht überall. Zuweilen ruft auch in der Heimat das Training. Ihm zur Seite steht Armin Göckeritz, der ihn betreut. In Jena muss es ohne ihn funktionieren. „Wir stehen im regen Telefonkontakt. Von ihm bekomme ich die Pläne.“ Gelegentlich schließt sich Reinhardt der Trainingsgruppe von Bundestrainer Enrico Aßmus in Erfurt an. „Beide Trainer sprechen sich gut ab. Es ist derzeit eine ungewöhnliche Konstellation, aber für mich eine gute.“
Und vielleicht verleiht diese Konstellation in den kommenden Monaten Flügel. Sein großes Saisonziel ist die Qualifikation für die Universiade in Taipeh (Taiwan; 19. bis 30. August). Die Norm liegt mit 8:34 Minuten zehn Sekunden unter seiner Bestzeit. Die bisherigen Leistungen geben leise Zuversicht. „Ich denke, ich bin auf einem guten Weg. Wenn ich verletzungsfrei und gesund bleibe, dann kann ich die Ziele ins Auge fassen“, sagt Reinhardt, der fürs Erste in Paderborn mächtig aufhorchen ließ.