Günther Pohl ist seit Jahren ein bekanntes Gesicht in der Thüringer Laufszene. In diesem Jahr hat sich der 75-jährige Erfurter bei den Läufen im Freistaat ein bisschen rar gemacht, denn er wollte es noch einmal beim Europacup der Ultramarathons aufs Treppchen schaffen. Als einer von vier Läufern schaffte er es an allen 7 Läufen erfolgreich teilzunehmen und gewann in der Altersklasse M 75. „Ich habe herrliche Landschaften kennen gelernt, Qualen gelitten und Glücksgefühle genossen. Ein Trailläufer werde ich aber nicht mehr“, so das Fazit des für den LTV Erfurt startenden Athleten.
Der studierte Dipl.-Ingenieur für Bauwesen entdeckte 1978 seine Leidenschaft für das Laufen bei einem 24-Kilometer-Landschaftslauf in Hermsdorf. Bis heute hat er weltweit 417 Wettkämpfe bestritten, darunter 128 Läufe über die Marathon- bzw. Supermarathondistanzen. Dabei beträgt sein Trainingsumfang nicht mehr als 50 Kilometer pro Woche. Die restliche Zeit braucht er für seine anderen Hobbys: Garten, Theater und Wandern.
Und schließlich reist Günther gern zum Laufen, zum Auftakt in diesem Jahr nach Frankreich zum 46,8 km Trail du Petit Ballon am 16. März in Rouffach. Der Lauf, der noch relativ neu in der Cupserie ist, führt entlang des herrlichen Panoramas der elsässichen Weinfelder und über die Gipfel des „Petit Ballon“. Überrascht war der Ultraläufer Pohl über so viele „Wanderer“ am Start des Laufes. Diese „Bergläufer“ entpuppten sich später als erfahrene Trail-Läufer. Pohl bezahlte seine Unerfahrenheit mit zwei Stürzen. „Das Bergablaufen war die wahre Hölle“, erinnert er sich. In 07:12:54 Stunden schaffte er die Strecke, die immerhin 2.300 Höhenmeter aufweist.
Entspannter ging es beim 50 km Marathon Mnisek p. Br. am 12. April in Tschechien zu. Der Lauf führt entlang des Brdy Gebirges und vermeidet den Anspruch einer Massenveranstaltung. Hier geht es noch sehr familiär und unbürokratisch zu. Allerdings sind die letzten Kilometer zum Ziel sehr belastend, wo die Strecke parallel zu einer belebten Straße verläuft. Als einer von 176 Finishern kam Günther Pohl nach 05:59:01 Stunden ins Ziel.
Der 72,7 km Rennsteiglauf-Supermarathon ist im Europacup der Lauf mit den meisten Finishern. Die Atmosphäre beim längsten Crosslauf Europas ist einzigartig. Beim Start in der Heimat lief es für Günther Pohl am 17. Mai aber nicht optimal. Am Großen Beerberg stürzte er auf einem mit Schotter ausgebesserten Forstweg und musste im Sanitätszelt Schmücke medizinisch versorgt werden. Bis ins Ziel in Schmiedefeld, das er nach 09:43:14 Stunden völlig erreichte, hatte Pohl nicht nur mit der Strecke, sondern auch noch mit den ständig verrutschenden Verbänden zu kämpfen.
„Einmal Biel“ ist für jeden Langstreckenläufer ein „Muss“ und so zog es den Thüringer schon am 13. Juni wieder auf die 100 km-Strecke in die Schweiz – mit 620 Höhenmetern relativ flach. Der Startschuss erfolgt um 22.00 Uhr. Im Dunkel der Nacht sind schon nach kurzer Zeit Stirn-Taschenlampe oder sonstige Lichtquellen gefragt. Die „Katzenaugen“ der begleitenden Fahrradfahrer erscheinen den Läufern als unendlicher „Lindwurm“. Weil ihm die Kraft ausging, musste Pohl die letzten 20 Kilometer walkend bewältigen. Dennoch wurde er mit seiner Zeit von 15:04:50 Stunden am Ende noch Dritter in der Altersklasse M 75.
Nach 10 Wochen Erholungszeit folgte am 6. September der 75 km Ultramarathonlauf in Celje/Slowenien. Der Lauf führt entlang der Savinja durch Wiesen- und Landwirtschaftsfelder. Das Ziel liegt nach 75 km im Tal der Logaska, einem der schönsten Alpentäler der Welt. Diesmal stürzte der Erfurter schon bei Kilometer 9. Mit einer schmerzhaften Rippenstauchung, 65 km einsam auf der Stecke, wurde er zum „Kurzatmungsläufer“. Nur der eiserne Wille und die Erfahrung, in 36 Laufjahren noch nie aufgegeben zu haben, trug ihn nach 11:40:42 Stunden ins Ziel.
Der vierte Sturz im Cup hielt Günther Pohl aber nicht davon ab, bereits 2 Wochen später beim 57 km Wörthersee-Trail am 20. September in Kärnten/Österreich wieder an den Start zu gehen, ein Lauf über 1.900 Höhenmetern auf dem Rundwanderweg um den See. Die herrliche Weitsicht auf den Wörthersee und die Karawanken konnte Günther Pohl nur bedingt genießen. Probleme bei der Getränkeversorgung am Schluss des Laufes führten dazu, dass er fast dehydriert erst nach 10:44:15 Stunden das Ziel auf der „Roten Seebühne“ in Pörtschacht erreichte.
Der 50 km Sparkassen Alb Marathon am 25. Oktober bildete den Abschluss des Cups. Der Landschaftslauf führt von Schwäbisch Gmünd über die Dreikaiserberge Hohenstaufen, Rechberg und Stuifen. Nach 06:15:17 Stunden war Günther Pohl im Ziel und wurde für seinen ersten Platz der Europacup-Wertungsserie geehrt.
In die Wertung kommen Läufer, die an mindestens drei Wettkämpfen erfolgreich teilgenommen haben. Bei den Frauen gewann Karin Kern aus Waeschenbeuren, bei den Männern Christian Buchebner aus Bergheim/Österreich den Gesamtweltcup. Aus Thüringen konnten sich noch Gabi Weißbrodt aus Unterpörlitz als 1. in der AK W50, Jürgen Bätz aus Mengersgereuth-Hämmern als 2. in der M60 und Herbert Roos aus Jena als 9. In der M50 platzieren.