Beim Berlin-Marathon lief er 30 Kilometer lang an der Seite des schnellsten Deutschen. Immer wieder tauchte Christian König im Fernsehbild auf, doch die Kommentatoren erwähnten ihn mit keiner Silbe. Der 23-Jährige erreichte als zweitschnellster Deutscher das Ziel hinterm Brandenburger Tor – bei seinem erst vierten Marathon. Im Gespräch mit laufszene-thueringen.de verrät der Aufsteiger des Jahres, wie er in drei Jahren zum schnellsten Marathonläufer Thüringens wurde und wo er seine sportliche Zukunft sieht.
„Nachdem Christian König schon einige Spitzenergebnisse in diesem Jahr erreicht hat, sollten doch nun die nationalen Förderzentren hellhörig werden“, schrieb unser Autor Jörg Kurch im Sommer 2009. Eine gewagte Aussage, schließlich hatte Christian König nur einige kleine Volksläufe gewonnen. Doch unser Reporter behielt recht: anderthalb Jahre später gehört Christian König zu den besten Marathonläufern Deutschlands.
Mit seiner Zeit von 2:22:31 Stunden liegt er auf Rang 5 der nationalen Marathon-Bestenliste des Jahres 2010. In den vergangenen 10 Jahren war nur ein Deutscher in so einem jungen Alter schon schneller – der mehrmalige Deutsche Meister Stefan Koch, der heute eine Bestzeit von 2:15 Stunden vorweisen kann.
„Ohne Risiko geht es im Marathon nicht“
Mit seinem starken Auftritt in Berlin hat Christian König viele überrascht. Nur sich selbst nicht, denn eine Zeit von 2:20 Stunden hatte er sich fest vorgenommen – wohlwissend, dass es schwer werden würde. „Mein Respekt vor Berlin war riesengroß. Ich wusste nicht, was bei dem hohen Tempo mit meinem Körper passieren würde“, beschreibt er seine Zweifel im Vorfeld. „Aber dann habe ich mir gesagt: ohne Risiko geht es im Marathon nicht.“
Im Frühjahr hatte es dabei gar nicht nach einer hervorragenden Saison ausgesehen. Zu Jahresbeginn hatte er sich dem Laufclub Erfurt angeschlossen. Nach guten Rennen in der Halle kam er im Freien aber einfach nicht in Schwung. Bei der DM Halbmarathon in Bad Liebenzell blieb er bei besten Bedingungen drei Minuten über seiner Bestzeit. Drei Wochen später brach er beim Rennsteiglauf-Marathon völlig ein. Dort lief er zur Halbzeit in der Spitzengruppe mit, fiel am Ende aber bis auf Rang 13 zurück.
„Ich hab versucht das Frühjahr schnell abzuhaken“, kommentiert er die verkorksten Wettkämpfe. Sein neuer Trainer Dieter Hermann hatte das Training umgestellt. „Vor allem an die schnelleren Dauerläufe musste sich mein Körper erst gewöhnen“, sagt König. Das Wintertraining war nicht auf den Marathon ausgerichtet, im Training lief er nie weiter als 20 Kilometer.
Im Sommer veränderte er das Training, konzentrierte sich ausschließlich auf den Berlin-Marathon und bestritt kaum Wettkämpfe. Auch nahm er selbst Dauerläufe über 35 Kilometer in seinen Trainingsplan auf. „Ich habe gemerkt habe, dass mein Körper die langen Läufe braucht.“
Mit fünf Marathons in die nationale Spitze
Sein Einstieg in den Laufsport begann mit einem guten Vorsatz zu Silvester 2006. Er entschloss sich, den Berlin-Marathon zu laufen. Erst sieben Wochen vorher begann er mit der Vorbereitung, steigerte das Training auf bis zu 80 Kilometer pro Woche und schaffte seinen ersten Marathon in erstaunlichen 3:13:52 Stunden. Die Stimmung auf den Berliner Straßen begeisterte ihn. Ihm war klar: 2008 laufe ich hier wieder. Doch er stellte die Laufschuhe vorerst wieder in die Ecke, spielte lieber Fußball.
Auch für den zweiten Marathon begnügte er sich mit zwei Monaten Training. Dennoch lief er schneller – viel schneller: Nach 2:46 Stunden hatte er die Ziellinie hinterm Brandenburger Tor überquert und einen Kreisrekord für die Region Nordhausen aufgestellt. Einige Monate später trat er dem VfL Ellrich bei, begann im Frühjahr 2009 regelmäßig zu trainieren. Bei den Volksläufen in der Region lief er schnell an der Spitze mit. Zum dritten Mal bestritt er den Berlin-Marathon und verbesserte seinen Kreisrekord auf 2:29:52 Stunden, nun aber mit 170-180 Trainingskilometern pro Woche in den Beinen.
Laufen vor dem Frühstück und nach Schulschluss
Auch wenn er seinem Training mit dem Ehrgeiz eines Leistungssportlers nachgeht – der 1,71 Meter große und 62 Kilogramm schwere Athlet ist alles andere als ein Profi. Der 23-Jährige sitzt Montag bis Freitag von 7:45 bis 14:30 Uhr auf der Schulbank, hat damit nahezu eine 35-Stunden-Woche. Der gelernte Konstruktionsmechaniker holt das Abitur nach und will ab 2011 studieren. Bei zwei Dauerläufen am Tag bedeutet das: früh aufstehen. Um 5:30 Uhr sammelt er die ersten lockeren Laufkilometer, bevor am Nachmittag die Kerneinheit folgt. Auch in finanzieller Hinsicht bleibt er ein Amateur. Ein einziger Sponsor aus seiner Heimat unterstützt ihn, von seinem Sport leben kann er nicht.
Sein Training hält Christian König nicht unter Verschluss. In der Vorbereitung auf den Berlin-Marathon lief er bis zu 200 Kilometer pro Woche. Lockere Dauerläufe, Intervalltraining, lange Dauerläufe: Die Trainingsinhalte unterscheiden sich nicht von denen vieler Volksläufer. Gibt es dennoch ein Geheimnis? Seine Dauerläufe absolviert er in hohem Tempo: 4:00 Minuten pro Kilometer sind Standard, auch im Gelände. Vorsichtig will er diese Geschwindigkeit auf 3:50 bis 3:40 erhöhen.
Das Trainingsgebiet von Christian König sind die Hügel und Wälder rund um seinen Heimatort Gudersleben im Südharz. Dort sammelt er auf seinen Standard-Trainingsstrecken oft 200-300 Höhenmeter. Die meisten Trainingsläufe absolviert er alleine, nur einmal pro Woche fährt er ins 90 Kilometer entfernte Erfurt, um mit seinen Vereinskameraden zu trainieren. Gelegentlich trifft er sich noch mit den Sportfreunden vom VfL Ellrich für eine lockere Runde.
„Ich sehe meine Zukunft im Marathon“
Die meisten Langstreckenläufer beginnen ihre Karriere auf den kurzen Strecken und arbeiten sich langsam zum Marathon hoch. Christian König ist den umgekehrten Weg gegangen und direkt als Marathonläufer eingestiegen. Auf den Kurzdistanzen hat er deshalb noch Verbesserungspotenzial. „Es stimmt: Ich bin auf den Unterdistanzen ziemlich schwach. Aber ich glaube nicht, dass das im Marathon ein großer Nachteil ist“, sagt er. Ein Umstieg auf kürzere Strecken kommt für ihn nicht in Frage: „Ich sehe meine Zukunft weiter im Marathon.“
Für die kommenden Marathons hat sich Christian König einiges vorgenommen. „Ich sehe die Zeit von Berlin nur als Zwischenstation“, betont er. Im Frühjahr 2011 wird er zur Deutschen Marathon-Meisterschaft nach Hamburg fahren. Dort haben es er und seine Vereinskameraden vom Laufclub Erfurt auf die Mannschaftswertung abgesehen. Auch er selbst sollte im Rennen um Einzelmedaillen gute Chancen haben. Bei einem Herbstmarathon will er dann die 2:20-Stunden-Marke zum nächsten Mal angreifen.
Seine sportlichen Zukunft hat der Nordthüringer fest im Blick. „Es wäre ein Traum, für Deutschland zu starten“, sagt er. Er hofft darauf, einmal bei einer Welt- oder Europameisterschaft das Nationaltrikot überstreifen zu dürfen. „Olympia wäre natürlich noch schöner“, schiebt er nach. Um sich für das Nationalteam zu empfehlen, will er Zeiten um 2:16 Stunden laufen können. Bis es soweit ist werden hoffentlich auch die Fernsehkommentatoren seinen Namen gelernt haben.
Vorbereitung auf den Berlin-Marathon 2010
Auf den Berlin-Marathon 2010 bereitete sich Christian König mit einem 12-Wochen-Programm vor. In den ersten drei Wochen steigerte er die Trainingsumfänge von anfangs 160 auf 180 Kilometer. Darauf folgte die erste Ruhewoche, in der er knapp 115 Kilometer lief. Anschließend absolvierte er zwei Drei-Wochen-Blöcke bestehend aus zwei Wochen mit 200 Trainingskilometern gefolgt von einer Ruhewoche. Nach Woche 10 lief er bei der DM 10 Kilometer sein einziges Rennen und stellte dort in 31:28 Minuten eine persönliche Bestzeit auf. Die letzten beiden Wochen vor dem Marathon widmete er der Erholung und trainierte nur noch locker. Hier eine beispielhafte Trainingswoche:
Strecke | Laufzeit | Tempo in min/km | ||
---|---|---|---|---|
Montag | morgens | Dauerlauf 10 km | 41:30–42:30 min | 4:10–4:15 |
abends | Tempodauerlauf 15 km | 52:30–53:30 min | 3:30–3:35 | |
Dienstag | morgens | Dauerlauf 10 km | 41:30–42:30 min | 4:10–4:15 |
abends | 3 km Einlaufen Dauerlauf 15 km 3 km Auslaufen | 60:00 min | 4:00 | |
Mittwoch | morgens | Dauerlauf 10 km | 41:30–42:30 min | 4:10–4:15 |
abends | 10×1000 m, 3 min Trabpause ODER 5×2000 m, 5 min Trabpause | 6:20–6:30 min | 3:10–3:15 | |
Donnerstag | morgens | Dauerlauf 10 km | 41:30–42:30 min | 4:10–4:15 |
abends | Dauerlauf 10 km | 41:30–42:30 min | 4:10–4:15 | |
Freitag | morgens | Dauerlauf 10 km | 41:30–42:30 min | 4:10–4:15 |
abends | 3 km Einlaufen Dauerlauf 15 km 3 km Auslaufen | 60:00 min | 4:00 | |
Samstag | morgens | Dauerlauf 35 km mit Endbeschleunigung | 2:26:00 h | 4:10 |
Ausfahren auf dem Radergometer | ||||
Sonntag | morgens | Dauerlauf 10 km | 41:30–42:30 min | 4:10–4:15 |
abends | 3 km Einlaufen Dauerlauf 15 km 3 km Auslaufen | 60:00 min | 4:00 |
sehr schöner artikel lieber alex über einen herrausragendem marathonläufer! super christian, dir gehört die zukunft!! bin mir da ziemlich sicher. viel erfolg!! da wird es ja am freitag in erfurt ein kopf an kopf rennen zwischen euch beiden geben (:
ja – wirklich ein sehr motivierender Artikel. Wünsche dem Christian schnelle Beine und eine stabile Gesundheit.
Habe den Eindruck das Jahr 2011 wird für thüringer Läufer viele Höhepunkte bereithalten. Wünsche ALLEN viel Erfolg…
Jürgen vom LAC Rudolstadt