Als sich in den 1970er Jahren in der DDR die Laufbewegung zu entwickeln begann, waren es spektakuläre Laufveranstaltungen, die wesentliche Impulse für einen raschen Aufschwung gaben. Was für die ganze Republik der Rennsteiglauf wurde, war für Jena der Kernberglauf. Der Herbstlauf über die Horizontalwege in den Kalkbergen des Saaletals besaß anfangs auch noch eine anspruchsvolle 50-Kilometer-Strecke. Sportler aus verschiedensten Disziplinen und Altersklassen gingen an den Start. Einige Berühmtheit erlangte dabei der Über-80-Jährige Jenaer Eduard Malkolm, der 1978 und 1979 die 25 Kilometer lief.
Für den Rennsteiglauf liegen von damals statistische Erhebungen vor, die besagen, dass 1977 nicht mal 10% der Teilnehmer sich als Läufer bezeichneten, aber z. B. 17,3% „Spielsportler“, vor allem Fußballer waren. Der Altersdurchschnitt der Teilnehmer lag bei 40 Jahren. Siebzigjährige Starter waren die Ausnahme.
Einer, der bereits 1975 für Schlagzeilen auf dem Rennsteig gesorgt hatte, war der Jenaer Eduard Malkolm. Malkolm, Jahrgang 1895, meldete beim III. GutsMuths-Rennsteiglauf für die fast 100 Kilometer lange Strecke. Versuche der Organisatoren, ihn zu überzeugen, doch die 38 km lange Frauenstrecke zu laufen, lehnte er brüsk ab und verwies auf seine sportlichen Erfolge als Turner, Leichtathlet, Schlittschuhläufer und Faustballer.
So war er nach eigenen Angaben in den 1920er Jahren lettischer Landesmeister im Schlittschuhhoch- und -weitsprung und schlesischer Landesmeister im beidarmigen Speerwurf gewesen. Im Turnmehrkampf konnte er auf eine Vielzahl von Siegen verweisen und im Faustball gehörte er damals einer Altherrenmannschaft der BSG Motor Zeiss an, die auf allen Ebenen erfolgreich war. Sozusagen als Beweis seiner körperlichen Fitness führte er dem Mitarbeiter im Meldebüro des Rennsteiglaufs, das sich damals in der Jenaer „Muskelkirche“ befand, gleich noch einen Handstand vor und lief einige Meter auf den Händen über die Laufbahn.
Was darauf erfolgte, ist schon mehrfach publiziert worden. In Kurzfassung: Malkolm hatte den Bus der Uni-Rennsteigläufer nach Schnepfenthal verpasst. Die Gruppe war schon früh losgefahren, da sie das Meldebüro besetzen musste. Am Abend tauchte er dann etwas erschöpft in der Salzmannschule auf und berichtete, dass er die mehr als 80 Kilometer mit dem Rad gefahren sei. Bis zum Start konnte er sich noch etwas ausruhen, denn es ging erst in der Nacht um ein Uhr los.
Da er keine Taschenlampe dabei hatte, verlor er nach knapp 20 Kilometern den Anschluss an die Rennsteigläufergruppe und ließ sich von Helfern an der Strecke überreden, sich bis zum Sonnenaufgang in einer Wanderhütte an der Strecke auszuruhen. Als er wieder aufwachte, war es noch immer dunkel. Da er niemanden in der Hütte wecken wollte, lief er einfach wieder los.
In Oberhof wurde es dann hell und er traf einige Menschen. Auf die Frage, wo denn die Rennsteigläufer langgerannt seinen, bekam er die Erklärung, dass diese bereits am Vortag durchgelaufen wären. Er hatte also mehr als 14 Stunden geschlafen! Kaum hörte er dies, drehte er um und lief zurück nach Schnepfenthal, wo er sein Rad untergestellt hatte. Mit dem fuhr wieder nach Jena. Am Montagvormittag stand er wieder bei den Organisatoren in der Muskelkirche und fragte, wo er denn seine Teilnehmerurkunde bekäme.
Beim Kernberglauf war er erfolgreicher, 1978 kam er auf der 25 Kilometer langen Strecke nach 5:21:31 ins Ziel und 1979 brauchte er für diese Strecke sogar nur 4:25:48.