Text: Sandra Arm
Trauer um einen großen Trainer: Dieter Hermann ist am 18. März im Alter von 80 Jahren nach langer Krankheit gestorben. Der langjährige Erfurter Trainer wie ehemalige Hindernis-Bundestrainer führte einst Nils Schumann zum Olympiasieg über die 800 Meter. „Dieter Hermann zählt für mich zu den drei, vier erfolgreichsten Lauftrainern der letzten Jahrzehnte“, sagte Enrico Aßmus, einer seiner damaligen Assistenten, und verantwortlicher TLV-Stützpunkttrainer Lauf/Gehen.
„Tief betroffen hat uns die Nachricht vom Tod Dieter Hermann erreicht. Mit ihm verliert die Thüringer Leichtathletik einen außergewöhnlichen Trainer, der mit seiner großen Sachkenntnis und seinem Wissen, mit viel Leidenschaft und Herzblut als Trainer seine Berufung gefunden hat und sehr erfolgreiche Athleten und Persönlichkeiten entwickelt hat. Mit großer Dankbarkeit werden wir Dieter Hermann immer in ehrender Erinnerung behalten. Unsere Gedanken sind in dieser schweren Zeit vor allem bei der Familie und wir versichern Ihnen unser aufrichtiges Mitgefühl und Anteilnahme“, sagte TLV-Präsident Heinz-Wolfgang Lahmann.
Größten Erfolge nach der Wende
Als Fußballer beim Herpfer SV begann Dieter Hermann seine sportliche Laufbahn. Sein Talent für das Laufen wurde bei ihm mit 16 Jahren entdeckt. Als Läufer feierte er auf nationaler Ebene große Erfolge wie als vierfacher DDR-Meister im 3.000-Meter-Hindernislauf. Nach seiner aktiven Karriere war er zunächst von 1971 bis 1990 Trainer beim Deutschen Verband für Leichtathletik in der DDR, dem schloss sich bis 2005 eine Tätigkeit als Hindernis-Bundestrainer beim Deutschen Leichtathletik Verband (DLV) an. Insbesondere nach der Wende feierte er mit seinen Athleten die größten Erfolge. Zunächst wurde Hauke Fuhlbrügge 1991 WM-Dritter über 1.500 Meter. Seither gab es keine WM-Medaille mehr für einen DLV-Athleten über diese Distanz.
Martin Strege und Ralf Aßmus erreichten 1995 (Göteborg) sowie 2001 (Edmonton) die WM-Finals über 3.000 Meter Hindernis. Eine noch größere Bekanntheit erlangte Dieter Hermann durch seine langjährige Trainer-Tätigkeit für Nils Schumann, der bei den Olympischen Sommerspielen 2000 in Sydney sensationell Gold über die 800 Meter holte. Zwei Jahre zuvor sicherte sich sein Athlet den Europameister-Titel über 800 Meter. Zuletzt war Dieter Hermann als Trainer für den SV Creaton Grottengottern aktiv. Einer seiner Wegbegleiter war Enrico Aßmus, der seit 2001 beim Thüringer Leichtathletik-Verband als Trainer tätig ist.
Dieter Hermann als Mentor
„Ich war damals ungefähr 16 Jahre alt, als mich Dieter Hermann ansprach, ob ich nicht nach Erfurt kommen möchte. Das habe ich abgelehnt. Mein Bruder Ralf war der bessere Läufer von uns beiden. Aus ihm ist ein Spitzenläufer geworden“, berichtete Enrico Aßmus, dessen Verbindung zu Dieter Hermann in Zeiten seines Trainer-Studiums in Leipzig intensiver wurde. Das lag wiederum an Prof. Dr. Manfred Reiß, er war stellvertretender Leiter der Fachgruppe Ausdauersportarten am Institut für Angewandte Trainingswissenschaft (IAT) in Leipzig und dort Leiter des Forschungsprojekts Leichtathletik – Lauf/Gehen. Bei ihm schrieb Enrico Aßmus seine Diplomarbeit, gleichzeitig verband Prof. Dr. Manfred Reiß und Dieter Hermann eine gute sportliche Zusammenarbeit. „Während meines Studiums durfte ich bestimmte Leistungsdiagnostiken, die bei meinem Bruder Ralf und Nils Schumann durchgeführt wurden, begleiten.“
Des Weiteren übertrug ihm Dieter Hermann noch als Student den Lehrgang der Thüringer D-Kader in Bad Blankenburg. „Zu dieser Zeit war sein Co-Trainer Dieter Fromm, der mit dem Nachwuchs-Kader parallel in Kenia in der Höhe trainierte. Für mich war Dieter Hermann wie ein Mentor für den Laufbereich, der mir durch sein Mitwirken einige Türen geöffnet hat“, erinnerte sich Enrico Aßmus zurück. Dieter Hermann öffnete nicht nur Türen, sondern gab seine Erfahrungen an die nächste Trainer-Generation weiter. „Er hat mich vieles gelehrt, was ich in meinem Training anwende.“ In seinem Rückblick wies Enrico Aßmus noch auf einen sehr bemerkenswerten Fakt hin: „Unter seiner Regie entwickelte er drei Hindernisläufer, die unter 8:20 Minuten gelaufen sind.“ Das waren Uwe Pflügner (TSV Erfurt; 8:13,75 min), Martin Strege (ESC Erfurt; 8:18,57 min) und Ralf Aßmus (SV Creaton Großengottern; 8:19,32 min).