Stefan Hubert aus Sömmerda schaffte nach längerer Verletzungspause auch 2013 mit einer starken Qualifikationsleistung beim Gamperney-Berglauf in Grabs (Ostschweiz, 5. Platz) den Sprung ins deutsche Nationalteam und startete bei der Berglauf-EM Kurzdistanz in Bulgarien. Dort belegte der 27-Jährige den 30. Platz und erreichte Rang fünf mit der Mannschaft.
Im Jahr zuvor gab es für den sympathischen Sportler, der sich in den letzten Jahren immer stärker dem Berglauf zugewandt hat, sogar Mannschafts-Bronze bei der Berglauf-Weltmeisterschaft Langdistanz beim Jungfrau-Marathon im schweizerischen Interlaken. Laufszene Thüringen sprach mit dem zweifachen Rennsteiglaufsieger über seine Entwicklung, sein neues Lebensumfeld in der Schweiz und seine Ziele für die neue Saison.
Stefan, wie bist du zur Leichtathletik gekommen? Seit wann läufst du leistungsorientiert?Ich habe 1993, also im Alter von sieben Jahren, mit Leichtathletik angefangen und wurde sozusagen auf dem Schulhof entdeckt. Meine Schwester war kurz vor mir dem Leichtathletik-Verein beigetreten, und ich folgte ihr. Neben der Grundausbildung in allen Disziplinen der Leichtathletik, auf die mein Trainer Bernd Krannich viel Wert legte, laufe ich seit 1998 leistungsorientiert. Vorerst auf den Mittelstrecken und mit 15 Jahren immer mehr über die Langstrecken, was Erfolg versprechender schien.
Wie ging die Entwicklung weiter?
Die Sportschulen in Jena und Erfurt entsandten damals Einladungen an den Verein, um Sportschüler mit Talent zu werben. Ich wurde auch angesprochen, wollte jedoch lieber meinen eigenen Weg an meiner bisherigen Schule gehen.
Bei den Deutschen Halbmarathonmeisterschaften 2008 bist du nach starker Bestzeit von 1:08:51 Stunden mit nur wenigen Sekunden Rückstand auf den Sieger Vierter in der Juniorenklasse geworden. Hast du damals von einer größeren Läuferkarriere geträumt?
Die Deutsche Halbmarathonmeisterschaft 2008 habe ich in guter Erinnerung. Ich hatte damals einen genialen Tag, obwohl mir auf den letzten 600 Metern schwarz vor Augen wurde und ich nicht mehr weiß, wie ich ins Ziel gekommen bin. Daher war es so schade, dass ich keine Medaille mitnehmen konnte.
Ich hatte schon an eine größere Laufkarriere gedacht, jedoch standen zunächst mein Studium und der Beruf im Vordergrund. Der Laufsport versprach leider keine so rosige Zukunft, um sich allein darauf konzentrieren zu können. Somit wählte ich einen dualen Weg, dem ich bis heute treu geblieben bin.
Wie lauten heute deine persönlichen Bestzeiten? Wann und wo bist du sie gelaufen?
800 m: 2:00,55 min
3000 m: 8:36,23 min (Erfurt, LM Halle 2013)
3000 m Hindernis: 9:30,20 min (Tübingen, DHM 2008)
5000 m: 15:13,06 min (Sömmerda, Bahneröffnung 2012)
10 km Straße: 30:44 min (Oelde, DM Straßenlauf 2011)
Halbmarathon: 1:08:15 h (München-Marathon, Halbmarathon 2010)
Marathon: 2:24:09 h (Prag-Marathon 2011)
Im Berglauf kann man leider keine Bestzeiten vorweisen.
Du hast 2005 begonnen, Diplom-Sportwissenschaften in Potsdam zu studieren und die berufliche Ausbildung mittlerweile abgeschlossen. Wie sieht dein Arbeitsalltag heute aus?
Nach meinem Studium arbeitete ich drei Jahre als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Potsdam. Neben Forschung, Lehre und Verwaltungsaufgaben habe ich abends Sportgruppen des Hochschulsports und des Potsdamer Laufclubs betreut.
Zu Beginn dieses Jahres hat sich alles geändert. Ich bin nach Abschluss meiner Ausbildung zum Heilpraktiker, die ich parallel zum Beruf gemacht habe, in die Schweiz gezogen. Hier arbeite ich 50 Prozent meiner Zeit in der Tamina Therme als Sportwissenschaftler und betreue das Kursprogramm und Fortbildungen. Nebenbei starte ich meine Selbstständigkeit als Heilpraktiker, um Patienten und Sportler zu therapieren. Ich wollte schon immer nachhaltig arbeiten und Zeit für meine Patienten haben, wozu mir als Sporttherapeut zu sehr die Hände gebunden waren.
Was motiviert dich heute, leistungsorientiert zu trainieren? Hast du als Läufer noch ein ganz großes Ziel, welches du unbedingt erreichen willst?
Mir macht das Training einfach Spaß, ich experimentiere gern, und wenn ich Erfolge damit erreichen kann, dann umso mehr. Die Erfahrungen daraus prägen mein Leben und helfen auch in anderen Lebensbereichen.
Ohne Ziele trainiert man nicht so hart. Ich habe zwei große Ziele. Ich will den Marathon unter 2:20 Stunden laufen, und ich möchte im Berglauf besser werden, denn endlich habe ich die örtlichen Trainingsvoraussetzungen dafür. Die Weltmeisterschaft im Berglauf 2014 (WMRA Long Distance Mountain Running Challenge) bietet mir hoffentlich die Möglichkeit.
Du bist schon viele starke Wettkämpfe gelaufen. Welcher sportliche Erfolg war der größte, woran erinnerst du dich besonders gern?
Bisher bedeutet mir der 23. Platz bei der Berglauf-Weltmeisterschaft 2012 und somit Bronze im Team am meisten. Ich erinnere mich jedoch genauso gern an den Zieleinlauf bei meinem ersten Sieg 2008 am Rennsteig. Es ist immer schwer, diese Ereignisse zu vergleichen, da die Leistungen und Umstände an Wettkampftagen immer wieder verschieden sind.
Wie organisierst du neben dem Beruf dein Training? Wie hoch ist der Umfang? Deine Ausbildung und Erfahrung lassen vermuten, dass du nach eigenen Plänen trainierst.
Gutes Zeitmanagement und eiserne Disziplin sind hierfür nötig. Natürlich darf man Regenerationsmaßnahmen und genügend Schlaf nicht vergessen. Auch Familie, Freundin, Freunde und der Arbeitgeber müssen in gewisser Weise Verständnis dafür aufbringen, wobei ich mich diesbezüglich mit meinem Umfeld glücklich schätzen kann.
Ich schreibe, seit ich 15 bin, eigene Trainingspläne und konnte schon verschiedene Sachen ausprobieren, um zu merken, worauf mein Körper gut reagiert. Pläne für andere Sportler zeigten jedoch, dass jeder sehr individuell ist und man sich darauf einstellen muss.
In der Marathonvorbereitung gehen meine Laufumfänge Richtung 200 Kilometer/Woche, was notwendig ist. Ansonsten schwanken die Umfänge zwischen 120-160 Kilometer pro Woche. Alternatives Training wie Skilanglauf, Mountainbiken, Aquajogging, Aquafitness usw. sind für mich auch immer bedeutender geworden. Das fünfmalige Kraft-, Stabilisations- und Koordinationstraining pro Woche zeigt, wie umfangreich sich diese Sportart gestaltet.
Du läufst weiterhin für den heimischen SV Sömmerda?
Ja, ich bin immer noch heimatverbunden. Es ist ein toller Verein, der vor allem die Kinder- und Jugendförderung in den Vordergrund stellt, was meiner Philosophie entspricht. Ich wurde bisher immer hervorragend unterstützt, da gab es keinen Grund, das Lager zu wechseln. Andererseits fehlten mir auch – wenn ich ehrlich bin – gute Angebote anderer Vereine.
2014 bist du wieder im Perspektivkader der Nationalmannschaft Berglauf. Welche Ziele hast du für die neue Saison? Was werden die Wettkampfschwerpunkte sein?
Ein Ziel ist es, mich viel öfter bei Bergläufen vorn zu zeigen und die Qualifikation für die angesprochene Weltmeisterschaft zu meistern. Diese könnte wieder im Rahmen des LGT-Marathons in Liechtenstein am 14. Juni 2014 gelingen, um dann im August in die USA nach Manitou Springs zu fliegen.
Weiterhin möchte ich meine 10-Kilometer-Bestzeit verbessern, was im Rahmen der Deutsche Meisterschaft in Düsseldorf am 7. September denkbar wäre. Auch ein später Herbstmarathon steht auf meiner Wunschliste.
Du hast viele Jahre in Potsdam gelebt, nicht gerade eine bergige Gegend. Wie konntest du dich da auf die schweren Bergläufe im Hochgebirge vorbereiten?
Das war größtenteils nur mit Intervallläufen am „Hügel“ und Kraftausdauertraining möglich. Drei bis vier Mal im Jahr war ich zum Training oder für Wettkämpfe in den Bergen. Nach meinem Umzug in die Schweiz nach Bad Ragaz habe ich ideale Berglauf-Trainingsbedingungen. Nun geht es neben meiner Wohnung auf drei Kilometern 1000 Höhenmeter bergan oder bei 15 Kilometern Streckenlänge 2400 Höhenmeter ins Pizol Skigebiet. Das flache, schnelle Laufen und Intervalltraining dürfen jedoch nicht vernachlässigt werden.
Für einen Thüringer ist es etwas Besonderes, den Rennsteiglauf gewinnen zu können. Dir ist das 2008 und 2010 schon zwei Mal auf der Halbmarathonstrecke gelungen. Die letzten Jahre warst du nicht dabei. Wird man dich zukünftig wieder auf dem Rennsteig sehen?
Natürlich ist es etwas ganz Besonderes, auf dem Rennsteig zu gewinnen. Ich strebe es immer an dort zu starten, jedoch ist mein Terminplan eng gestrickt und überschneidet sich ab und zu mit beruflichen Fortbildungen – wie leider auch dieses Jahr. Aber man weiß ja nie, ob es bis dahin so bleibt. Das Gefühl, in Schmiedefeld das Ziel zu erreichen, würde mich sicher für die ganze Saison beflügeln.
Vielen Dank für das Interview. Ich wünsche dir für die kommende Saison viel Erfolg!