Marcel Bräutigam vom Guts Muths Rennsteiglaufverein hat am 17. März beim Werderseelauf in Bremen in 2:55:48 Stunden zum dritten Mal den Deutschen Meistertitel im 50 Kilometer-Lauf gewonnen. Laufszene-Redaktion sprach mit dem 36-jährigen Thüringer Spitzenläufer über den Meisterschaftslauf, die Konkurrenz in Thüringen und seine weiteren Pläne für die Lauf-Saison.
Herzlichen Glückwunsch und danke, dass du für ein Interview mit uns Zeit gefunden hast.
Zufrieden mit dem Start in die neue Laufsaison?
Ich habe mich auf jeden Fall sehr über den Deutschen Meistertitel gefreut. Wäre gern etwas schneller gewesen und war auch gut vorbereitet, deswegen würde ich sagen: zum Teil.
Du wolltest den deutschen Rekord von 2:49:06 Stunden attackieren, hast dann aber doch knapp sieben Minuten länger gebraucht. Was lief nicht so optimal an dem Tag?
Eigentlich nur, dass ich ab Kilometer 35 keine Kraft mehr hatte, als ob jemand den Stecker gezogen hätte. Das habe ich so extrem noch nicht erlebt, dass ich mit einmal mehr als vier Minuten für den Kilometer gebraucht habe. Ich kann auch nicht sagen, woran es gelegen hat. Die Aufnahme der Eigenverpflegung hat jedenfalls bestens funktioniert.
Für den Rekord hätte aber alles optimal sein müssen und da war schon im Vorfeld durch die Absage des Vorjahressiegers Alexander Bock klar, dass ich allein laufen muss. Lange Zeit lief es dennoch gut und ich lag unter der anvisierten Zeit, man merkte aber auch, dass im zweiten Teil der Wind zugenommen hatte, was zusätzlich Kraft kostete. Ich habe es probiert und dennoch durchgezogen und am Ende mit acht Minuten Vorsprung gewonnen. Denn wer nicht wagt, der nicht gewinnt!
Am Wochenende fanden die Landesmeisterschaften im Halbmarathon statt. Dein Nachfolger und Vereinskamerad Marcel König hat sich um 8 Minuten verbessert, war aber zugleich noch sechs Minuten langsamer als du bei deinem Sieg im letzten Jahr. Wie schätzt du aktuell die Konkurrenz in Thüringen ein?
1:14 Stunden ist eine gute Zeit. Die Strecke in Apolda ist auch nicht so leicht zu laufen. Das kann man nicht mit dem Berlin-HM vergleichen. Ich würde aber zunächst den Blick auf die schnellen Jungs wie Robin Müller, Roman Freitag und Theodor Popp richten. Robin hat zuletzt den deutschen U23-Rekord über 10 Kilometer gebrochen und ist eine 29 Minuten-Zeit gelaufen. Da komme ich nicht mehr ganz hinterher. Auch Roman Freitag war beim Silvesterlauf stark und ist im Crosslauf national erfolgreich. Da hat sich schon etwas in den letzten Jahren in Thüringen entwickelt. Es gibt auch noch Läufernachwuchs in Erfurt, den Enrico Aßmus betreut, so dass hoffentlich noch was nachkommt in den nächsten Jahren, auch auf den längeren Distanzen. Auch die sehr ambitionierten Freizeitläufer entwickeln sich weiter, verbessern ihre Bestzeiten, was mich natürlich sehr freut. Dadurch sind Erfolge bei Mannschaftswertungen innerhalb nationaler Wettbewerbe / Meisterschaften im Ultrabereich möglich. Ich bin optimistisch, was die Laufszene in Thüringen betrifft.
Gesundheitlich ist alles bei dir im Lot?
Leider ist es momentan nicht perfekt. Ich habe seit Anfang März Probleme mit meiner Haglundferse, der Schleimbeutel entzündet sich häufig und es entstehen Wassereinlagerungen. Das sieht aus, als ob man einen Golfball mit sich herumträgt und es reibt an den Schuhen. Das hat mich schon im Trainingslager in Monte Gordo beeinträchtigt. Auch während und nach dem Meisterschaftslauf ist es sie wieder angeschwollen und ich musste mich ein paar Tage ausruhen. Eigentlich müsste ich länger pausieren, aber das würde meine Planungen gefährden. Ich höre jeden Tag auf meinen Körper und wäge ab, was ich diesem zumuten kann und welche Belastung möglich ist.
Was steht denn als nächstes auf dem Plan?
Am Wochenende will ich beim Dingelstädter Frühlingslauf beide Strecken, die 5 und die 10 Kilometer laufen. Die Woche darauf starte ich beim Berlin-Halbmarathon. Eine Woche später werde ich wahrscheinlich beim Kyffhäuser Berglauf an den Start gehen.
Zwei Wochen später folgt dann der Oberelbe-Marathon, wo ich gern gewinnen und Richtung Streckenrekord laufen will. Das ist aber dort stark vom Wind abhängig.
Das ist ein knackiges Programm zur Vorbereitung auf den Rennsteiglauf, der in diesem Jahr recht spät am 25. Mai ansteht. Im letzten Jahr bist du im Marathon Dritter geworden. Wie ist dein Plan für die 51. Auflage?
Ich bin schon angemeldet und konnte mir die Startnummer 1000 aussuchen.
Das heißt du läufst den Supermarathon…
Mein großes Ziel bleibt es, einmal den Supermarathon zu gewinnen, aber da muss alles passen. Ich bin einmal Zweiter geworden und musste beim zweiten Versuch aus gesundheitlichen Gründen abbrechen. Letztes Jahr war ich im Vorfeld verletzt, da hat die Vorbereitung einfach nicht gepasst. Wenn ich in diesem Jahr gut vorbereitet bin, so wie ich mir das vorstelle und wünsche, dann werde ich es auf jeden Fall versuchen.
Vom 19.-21. April steht das TEAG-Laufcamp mit dir als Protagonisten an. Was erwartet die Teilnehmer da?
Ein „Rundum-Sorglos-Programm“ mit Lauf-ABC, Dauerläufen, Intervalltraining, Ernährungstipps, Kraft-, Stabilisations- und Faszientraining – alles, was man als Läufer machen kann und auch ein Blick über den Tellerrand hinaus. Das TEAG-Laufcamp findet jedes Jahr im April statt und wer daran Interesse hat, sollte sich Ende Februar auf der TEAG-Webseite bezüglich der Ausschreibung informieren und sich im März bewerben. Im Übrigen ist das TEAG-Laufcamp in Oberhof für alle Teilnehmenden, welche sich mit einem Video bewerben müssen, komplett kostenfrei!
Du machst aktuell noch ein Studium an der Fachhochschule in Meiningen. Ist die Bachelorarbeit inzwischen durch und was musst du noch bis zum Polizeikommissar liefern?
Die Bachelorarbeit ist durch. Auch wenn es im Herbst mit den ganzen privaten Ereignissen knapp wurde, habe ich es terminlich geschafft. Mir fehlt noch das Ergebnis und verteidigen muss ich die Arbeit auch noch. Diese Woche schließe ich mein Praktikum ab, bin dann nochmal sechs Monate in Meiningen an der Fachhochschule und muss noch 5 bis 6 mündliche Prüfungen ablegen. Der größte Teil ist geschafft und ich befinde mich nun auf der Zielgeraden.
Die Familie ist im Herbst größer geworden. Lässt euch Töchterchen Lena inzwischen durchschlafen und sind bei Sohn Leon schon Ambitionen erkennbar, in die Fußstapfen des schnellen Vaters zu treten?
Lena ist das komplette Gegenteil ihres Bruders, der ein „Schreikind“ war. Sie lässt uns schlafen und beschäftigt sich auch am Tag selbst. Manchmal merkt man gar nicht, dass sie da ist. Es ist mega entspannt mit ihr. Da haben wir Glück, mit Leon war es anstrengender. Er macht uns aber jetzt viel Freude, ist sehr sportbegeistert, geht regelmäßig zum Turnen und zur Leichtathletik, fährt Inliner und Schlittschuh. Ich mache sehr viel mit ihm zusammen. Er startet regelmäßig bei Bambiniläufen und da sieht man, dass er Talent hat, was den Papa freut. In dem Alter steht aber erst einmal der Spaß im Vordergrund und dann schauen wir, wo die Reise hingeht.
Wie sieht dein aktueller Wochentrainingsplan aus? Reicht die Zeit?
Im Trainingslager waren es schon 180 bis 190 Kilometer pro Woche. Wenn ich allerdings arbeite, schaffe ich das nicht. Man muss es organisieren, gerade wenn man im Supermarathon schnelle Zeiten schaffen will, braucht man die Umfänge. Aktuell sind es ca. 130 Kilometer, davon liegt der Hauptanteil bei ruhigen Dauerläufen, dazu Intervalltraining und am Wochenende einen Wettkampf oder langen Lauf.
Welchen Tipp gibst du unseren Laufszene-Lesern mit auf den Start in die Laufsaison?
Was man beherzigen sollte, ist das Grundlagentraining im ruhigen Dauerlauftempo: nicht zu oft im roten oder gelben Bereich, worunter auch das Intervalltraining zählt. Beim Wettkampf sollte man nicht zu schnell loslaufen, dann fällt es einem am Ende leichter. Bei allem Ehrgeiz ist es wichtig, sich realistische Ziele zu setzen, um sich den Spaß am Laufen zu erhalten.
Laufszene Thüringen bedankt sich, dass du Zeit für das Gespräch gefunden hast, wir wünschen dir für die Laufsaison und deinen Studienabschluss weiterhin maximalen Erfolg!
Fotorechte: Marcel Bräutigam
Nicht vergessen werden sollte, dass seine Freundin ihm den Rücken frei hält. Sportlich gesehen sind es tolle Erfolge. Sicher kommt da die Familie ziemlich zu kurz. Seine Freundin fängt das ganze auf. Ein kleines Dankeschön von seiner Seite in diesem Artikel hätte ich sehr schön gefunden, denn diese Leistungen kann man mit Beruf und Familie nur bringen, wenn ein starker Partner an der Seite steht. Das wird nur leider oft vergessen.
Danke für deinen Hinweis. Ich glaube, das weiß Marcel auch zu würdigen. Wir hatten im letzten Jahr eine sehr schöne Veranstaltung in Erfurt, wo ich das auch selbst gemacht habe.