„Der Sport ist ein sehr vernünftiger Versuch des modernen Zivilisationsmenschen, sich die Strapaze künstlich zu verschaffen, hat mal ein kluger Mensch gesagt. Doch die Vernunft ist, betrachtet etwa aus der Läufer-Perspektive, wahrlich kein Kontinuum. Hader und Selbstzweifel sind mitunter Todfeinde der Vernunft. An dieser Stelle kommt die Waffe des Läufers, die Leidenschaft ins Spiel: Leidenschaft, die Leiden schafft aber unweigerlich zum Runner`s High mutiert, wenn das Ziel naht und damit das Ende aller Strapaze“, schwärmt der Läufer Ingo Weidenkaff vom Erfurter Universitätssportverein über sein Hobby. Ganz in diesem Sinne war die 10. Auflage des USV-Trainingsmarathons auf dem Fahner-Höhe-Wanderweg zwischen Erfurt und Bad Langensalza am 29. März wahrlich kein Osterspaziergang. „Bei dem ersten Marathon des Jahres geht es den USV-Läufern nicht um eine schnelle Zeit, sondern um ein gemeinschaftliches Lauferlebnis und die Vorbereitung auf die nächsten Saisonhöhepunkte“, sagt Abteilungsleiter Frank Becker. Als Formtest und Standortbestimmung diente der Lauf in diesem Jahr auch besonders wegen der äußeren Bedingungen.
2 Frauen und 10 Männer hatten sich am Karfreitagsmorgen traditionell zum Gruppenfoto am Start an der Erfurter Krämerbrücke eingefunden. Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt und strahlend blauem Himmel nahmen sie die ersten 12 Kilometer entlang der Gera und dann weiter von Gispersleben aus nach Tiefthal unter die Laufschuhe. Im Orphaler Grund erwartete die Läufer zum ersten Mal in den vergangenen 10 Jahren eine geschlossene Schneedecke, die durch einen leichten Schneefall in der Nacht zum Karfreitag noch einmal leicht angewachsen war. Bis zur Grundmühle war der Weg zumindest von Spaziergängern ausgetreten worden. Dann folgte die
schwierigste Passage bis zur Bienstädter Warte, denn der Fahner-Höhe-Wanderweg war nur noch durch die roten Quadrate an den Bäumen erkennbar. Zum Glück kennen die Kirschlauforganisatoren den Weg auf der Höhe gut und kämpften sich erfolgreich durch den knöchelhohen Tiefschnee. Für diesen Streckenabschnitt benötigten sie allerdings im Schnitt rund 8 Minuten pro Kilometer.
Nach einer Stärkung am Verpflegungsbus ging es ab Halbzeit etwas entspannter auf dem Höhenzug weiter. Forstfahrzeuge hatten eine Spur durch die Winteridylle vorbei an den Ruinen der alten Russenkaserne und den „Sieben Gräbern“ bis zur „Weißen Hütte“ vorgezogen. Von Bärlauch und Märzenbechern, die üblicherweise um diese Zeit den Weg zieren, keine Spur. Stattdessen erwartete die Läufer noch ein komplizierter Streckenabschnitt über das freie Feld bis zur Fasanerie nach Gräfentonna. Hierbei konnten sie zwischen Schneematsch und Schlamm wählen. Manch einer wählte deshalb am nächsten Verpflegungspunkt erstmal neue Schuhe und Strümpfe. Einige zollten dem harten Streckenprofil Tribut und stiegen in das Begleitfahrzeug. Andere zündeten auf den letzten 12 Kilometern über Nägelstädt nach Bad Langensalza nochmal den „Turbo“ und brachten es auf einen Schnitt von 4:30 Minuten. Am Ende liefen 6 Läufer nach rund 5 Stunden, 500 Höhenmetern bergan und 42,6 absolvierten Kilometern am Ziel an der „Friederiken-Therme“ in Bad Langensalza ein, wo sie sich von den Strapazen des Karfreitagslaufes erholen konnten. Ultramarathonläufer Peter Flock aus Gebesee war bereits zuvor zurück in seinen Heimatort gelaufen. Da er aber bereits früh am Morgen zum Start nach Erfurt gelaufen war hatte er am Ende sogar insgesamt rund 60 Kilometer absolviert.
„Um auf Goethes Osterspaziergang zurückzukommen, finden wir diesmal ganz am Ende ein zutreffendes Gleichnis, was aber ganz ohne Zweifel jedwedem Karfreitagsmarathon gerecht wird“, zitierte Laufpoet Ingo Weidenkaff aus Dachwig abschließend den Dichterfürsten: „Zufrieden jauchzet groß und klein: Hier bin ich Mensch, hier darf ichs sein!“