Der GutsMuths-Rennsteiglaufverein beging heute das 30. Jubiläum seiner Gründung. Auch wenn die feierliche Würdigung aufgrund der immer noch bestehenden Einschränkungen und Risiken wegen der Corona-Pandemie verschoben werden muss, so will die Redaktion der Laufszene Thüringen die Gelegenheit nutzen, um auf die bewegte Geschichte zurückzublicken. Nicht nur das Aushängeschild des Vereins, der Rennsteiglauf im Mai, ist inzwischen über die Grenzen Thüringens bekannt. Viele weitere Veranstaltungen kamen hinzu und sind oder waren Bestandteil des Laufkalenders: der Schneekopflauf, die Rennsteig-Etappenläufe, der Rennsteig-Staffellauf, der RennsteigRide, der Rennsteig-Herbstlauf, der Rennsteig-Tunnellauf, der Brückenlauf, der Europacup der Ultramarathons.
„Mit der frühen Gründung des Vereins wurde die Struktur geschaffen, die bis heute das Räderwerk der Veranstaltung bildet. Mit dem GutsMuths-Rennsteiglaufverein und seiner Sportmanagement & Touristik GmbH bilden rund 30 Vereine die Basis für die Organisation des Rennsteiglaufs. Ich würde sogar so weit gehen, den Rennsteiglauf als ein Musterbeispiel für die erfolgreiche Kooperation von Vereinen und Kommunen auf nahezu dem gesamten Kamm des Thüringer Waldes zu bezeichnen“, würdigt der Präsident des GutsMuths-Rennsteiglaufvereins, Jürgen Lange, die erfolgreiche Entwicklung des Vereins.
Rennsteiglauforganisation von der Gründung bis zur Wende
Der GutsMuths Rennsteiglauf, der zwischen 1971 und 1975 auf Initiative junger Orientierungsläufer aus Weimar und Jena entstanden war, hatte von Anfang an im „Sportsystem“ der DDR eine Sonderstellung. Im Prinzip außerhalb der Wettkampfstrukturen der Sportfachverbände entstanden, waren die Teilnehmer und Teilnehmerinnen nach heutigem Sprachgebrauch Breitensportler (damals Freizeit- und Erholungssportler), die sich einer sportlichen Belastung mit fast leistungssportlichen Anforderungen stellten. 1975, als erstmals durch eine öffentliche Ausschreibung über tausend Anmeldungen bei der Hochschulsportgemeinschaft (HSG) der Universität eingingen, wurde der Rennsteiglauf unter dem Dach des Studentensports als Leistungswanderung legalisiert. Es zeigte sich allerdings durch die Leistungsbreite von Spitzensportlern der Straßenlaufszene der DDR bis zu volkssportlichen Wanderern ab, dass es sinnvoll wäre, einen sportfachlichen Überbau zu haben. Der für das Laufen zuständige Deutsche Verband Leichtathletik (DVfL) der DDR lehnte aber eine Übernahme ab, genauso wie der deutsche Turn- und Sportbund (DTSB) der DDR. Die Organisatoren, zu denen neben der HSG Uni Jena anfangs 11 Sportgemeinschaften entlang des Rennsteigs gehörten, bildeten daraufhin eine Interessengemeinschaft GutsMuths-Rennsteiglauf, nach dem Muster von kulturell interessierten Heimatfreunden o. ä. Vereinigungen im Kulturbund der DDR.
Dies passte aber überhaupt nicht in die zentralisierten Sportstrukturen der DDR, sodass der DTSB-Bezirksvorstand Suhl zur Übernahme bereit war, der dann die bereits an der Organisation maßgeblich beteiligte Sportgemeinschaft (SG) Beerberg Goldlauter mit der Gesamtleitung beauftragte. Bedingung war, dass sich die Veranstaltung selbst finanzierte. (1)
Das Gründungsjahr des GutsMuths-Rennsteiglaufvereins 1990
Die Protestdemonstrationen gegen das administrative Staatssystem der DDR nahmen im Herbst 1989 gewaltige Formen an. Es war absehbar, dass nach dem Rücktritt der Partei- und Staatsführung der DDR und den für den 18. März 1990 angesetzten freien Wahlen auch die Strukturen des Deutschen Turn- und Sportbundes der DDR (DTSB) ihr Ende finden würden. Für die Organisatoren des Rennsteiglaufes war klar, dass man die Initiative ergreifen und als Veranstalter die Verantwortung selbst übernehmen musste. Der Rennsteiglauf wurde 1990 zum 18. Mal durchgeführt. Seit 1973 hatte sich der Lauf aus einem Abenteuer von vier Studenten der Friedrich-Schiller-Universität Jena zu einem Massenlauf mit Kultcharakter entwickelt. Nachdem beim Rennsteiglauf 1989, dem letzten Jahr vor Beginn der gesellschaftlichen Veränderungen in der DDR, noch 7677 Finisher im Ziel in Schmiedefeld registriert werden konnten, ging die Finisherzahl 1990 bereits auf 5937 zurück.
Im damaligen Organisationsbüro berieten Gesamtleiter Volker Kittel und vor allem Bereichsleiter Dr. Hans-Georg Kremer gemeinsam mit einigen anderen Verantwortungsträgern, welcher Weg zu beschreiten wäre. Man war sich schnell einig, dass es nur über die Gründung eines eingetragenen Vereins funktionieren würde, da die Auflösung des DTSB der DDR bereits vollzogen war, und aus den Bezirken Erfurt, Gera und Suhl heraus der Landessportbund Thüringen gegründet werden sollte. So wurde die Gründungsversammlung einberufen und für den 30. Juni 1990 ein Raum auf dem ehemaligen GST-Flugplatz in Goldlauter-Heidersbach angemietet. 18 Rennsteiglauforganisatoren waren erschienen und gründeten den GutsMuths-Rennsteiglaufverein. Im Vereinsregister des Kreisgerichts Schmalkalden erhielt der Verein die laufende Nummer 42 – ein gutes Omen: Ein Marathon ist 42,195 km lang…
Wenige Tage nach der Wiedervereinigung erhielt der Rennsteiglaufverein Post vom Bundesvorstand des DTSB Berlin. Der im Herbst 1989 eingereichte Vorschlag, den GutsMuths-Rennsteiglauf mit dem UNESCO – Sportpreis auszuzeichnen, war von der Jury dieser UN-Organisation ausgewählt worden. Präsident Kremer und Geschäftsführer Kittel nahmen Anfang Oktober 1990 in Ottawa/ Kanada die hohe Auszeichnung entgegen. Wieder zu Hause verfassten sie einen Brief an alle mitorganisierenden Vereine, der ihnen erlaubte, die Formulierung „Träger des UNESCO- Sportpreises“ in ihren Vereinsdokumenten zu verwenden.
Die erste Mitgliederversammlung des neu gegründeten Vereins fand am 2. Februar 1991 im Ringberghotel Suhl statt. Die erste Satzung wurde bestätigt. Dr. Hans-Georg Kremer wurde zum Präsidenten, Dr. Peter Gleichmann (Bezirkssportarzt) und Uwe Kusian (Bürgermeister von Schmiedefeld) wurden zu Vizepräsidenten gewählt. Der GutsMuths-Rennsteiglaufverein zählte zudem Zeitpunkt bereits 60 Mitglieder.
Der Rennsteiglaufverein von 1991 bis zur Gegenwart
In den Jahren bis 1994 ging es vor allem darum, den Rennsteiglauf wegen der deutlich sinkenden Teilnehmerzahlen am Leben zu erhalten. Es bedurfte neuer Ideen und Angebote, um trotz der attraktiven in- und ausländischen Konkurrenz das Interesse am Rennsteiglauf bundesweit zu wecken und besonders die ostdeutschen Sportler wieder zurückzugewinnen. Das gelang mit der ersten Langstrecken-Wanderung 1991. Mehr als 1.000 Teilnehmer nahmen die 35 km von Schnepfenthal nach Oberhof zunächst wandernd, in den folgenden Jahren auch als Nordic Walker unter ihre Füße. Nur ein Jahr später startete der Verein den ersten Halbmarathon seiner Geschichte in Oberhof – ein Erfolgsmodell, das bis heute anhält.Die zweite Entwicklungsphase wurde mit der Gründung der Rennsteiglauf Sportmanagement und Touristik GmbH mit Sitz in Schmiedefeld eingeleitet, die fortan mit dem Geschäftsführer Jörg Brömel und später Marcus Clauder als Ausrichter der Sportevents Verantwortung übernahm. Dieses Prinzip bewährt sich bis heute mit großem Erfolg. Allerdings stieß gerade die Rolle der GmbH anfangs auf unterschiedliche Auffassungen. Der damalige Präsident Prof. Gerd Scarbata verstand es diese Auseinandersetzung zu befrieden.
Die dritte Entwicklungsphase begann kurz nach der Jahrtausendwende und ist mit dem Namen Jürgen Lange verbunden. Mehr als die Hälfte der 30 Jahre steht der Erfurter nunmehr als Präsident an der Spitze des Vereins. In diese Phase fielen insbesondere die Gewinnung neuer Läuferschichten, die Schaffung neuer Veranstaltungsformate, die Verstärkung von Marketingmaßnahmen und der Ausbau des Sponsorenpools. Ein besonderes Anliegen des Präsidenten war und ist die Unterstützung der leistungssportlichen Aktivitäten. „Siege von Vereinsmitgliedern beim Rennsteiglauf und bei anderen großen Veranstaltungen sind die beste Werbung für den Verein“, freut sich Jürgen Lange.
Das vielfältige Angebot des Rennsteiglaufes, das Flair und die sprichwörtlich gute Organisation der Events haben sich mittlerweile herumgesprochen.
Seit 2014 wurde der Rennsteiglauf sechsmal in Folge zum beliebtesten Marathon Europas bei der Online-Umfrage „marathon4you“ gewählt. Das Interesse am Rennsteiglauf ist stetig gewachsen. Der Halbmarathon musste limitiert werden und erhielt in Oberhof ein größeres Startareal. Wander-und Nordic Walking -Strecken brauchten neue Strukturen. Mit einer differenzierteren Ergebnisermittlung wurden neue Teilnehmer gewonnen.Der Verein wurde zunehmend zum „Kümmerer“ und Rettungsanker für lokale Sportveranstaltungen, für die kein Veranstalter mehr vorhanden war.
So hat er und seine GmbH den Rennsteig-Staffellauf, den Herbstlauf und den Lange-Bahn-Lauf in eigene Regie übernommen und hat ihnen seinen ganz spezifischen „Rennsteiglaufstempel“ aufgedrückt. Der GutsMuths-Rennsteiglaufverein hat sich in Thüringen als ein kompetenter und zukunftsträchtiger Sportorganisator mit Vorbildfunktion etabliert und wirkt weit über die Landesgrenzen hinaus. (2)Heute ist der Rennsteiglaufverein mit seinen 1.150 Mitgliedern der größte Verein im Thüringer Leichtathletikverband. Seine Mitglieder kommen aus ganz Deutschland und treffen sich bei den Läufen am Rennsteig und einmal im Jahr zur Mitgliederversammlung mit Vereinsmeisterschaft in der Sportschule Bad Blankenburg.
Große Projekte, wie der Bau der Duschhalle auf dem Zielgelände in Schmiedefeld, werden mit der GmbH gemeinsam geschultert. In Planung ist aktuell der Neubau einer Mehrzweckhalle, die für den Rennsteiglauf und andere Veranstaltungen in Schmiedefeld genutzt werden soll. Auch die Geschäftsstelle soll dort einziehen. Zum 50. Rennsteiglauf soll das zukunftsorientierte Projekt fertiggestellt sein. Das nächste Vereinsjubiläum kann dann hoffentlich in großer Runde gefeiert werden.Quellen:
(1): Dr. Hans-Georg-Kremer, „30 Jahre GutsMuths-Rennsteiglauf 1990 – 2020“
(2) Volker Kittel, Sieghard Zitzmann, Horst Scheler: „Dem Rennsteig die Treue“
Fotos: Archiv Dr. Hans-Georg Kremer/ Jens Panse
Interview mit dem Präsidenten Jürgen Lange in der TA v. 30.6.2020
Herzlichen Glückwunsch zum 30. Geburtstag. Macht weiter so!
Eure Motivation zur sportlichen Bewegung für jedes Alter ist beispielhaft!
Die Auswirkungen auf touristischem und wirtschaftlichem Gebiet für diese
Regionen Thüringens sind nicht zu überschätzen.
Für die Teilnehmer stets ein unvergessliches Ereignis!
Herzlichen Dank, Gerhard Dehmel! Das verspreche ich im Namen des Präsidiums der GutsMuths-Rennsteiglaufvereins.