Am 20. Februar hat der Verbandsrat des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) beschlossen, ab 2016 von Laufveranstaltern einen Euro je erwachsenen Läufer und Walker zu erheben. Betroffen sollen alle Laufveranstaltungen außer Bahnläufe sein, selbst wenn sie keinen Bezug zum DLV haben. Bisher müssen Veranstalter in Thüringen pauschal 18 Euro für einen beim Thüringer Leichtathletik-Verband angemeldeten Lauf zahlen, doch sind nur etwa die Hälfte der Laufveranstaltungen beim Verband angemeldet. In anderen Bundesländern gibt es neben der Pauschalgebühr auch Abgaben pro Läufer von 25 – 50 Cent.
„Wir haben uns ausführlich mit der von einigen Veranstaltern geäußerten Kritik auseinandergesetzt und sind trotzdem einstimmig zu dem Ergebnis gekommen, dass die Genehmigungsgebühr wie beschlossen zum 1.1.2016 erhoben werden soll. Genehmigungsgebühren sind im gesamten organisierten Sport üblich und erforderlich, um die Infrastruktur des Sports zu finanzieren. Dies gilt insbesondere im Laufsport“, wird DLV-Präsident Dr. Clemens Prokop auf der Homepage des Verbandes zitiert.
Thüringen war in der entsprechenden Sitzung des DLV nicht vertreten. Der DLV will 60 % des Nettoertrages an die Landesverbände zurückfließen lassen. Derzeit sollen die Landesverbände Vorschläge zur Verwendung der Mittel im Leichtathletikbereich machen.
Die Laufwartin des Thüringer Leichtathletikverbandes, Kerstin Herrmann-Girnth, bedauert den Beschluss des DLV. Zwar war auch früher das Verhältnis zwischen Verband und Veranstaltern nicht immer konfliktfrei, doch insgesamt sei die Laufbewegung eine große Familie. „Es besteht nun die Gefahr, dass die gut funktionierenden Strukturen im Volkslauf mit diesem Beschluss zerstört werden“, so Herrmann-Girnth.
Wenn die Gebühr auch bei Läufen erhoben werden, die nicht beim DLV angemeldet sind, wären auch Laufveranstaltungen von kommerziellen Anbietern, Gemeinden und sonstigen Vereinen betroffen. Seinen Anspruch auf Zahlungen von allen Veranstaltungen begründet der DLV mit einem Urteil des OLG Düsseldorf. Dieses Urteil betraf einen Triathlon-Veranstalter, der freiwillig den Wettkampf beim zuständigen Verband genehmigen ließ, ohne die Gebühr dafür zu zahlen. Ob es auf Laufveranstalter ohne Beziehungen zum Verband übertragbar ist, erscheint zweifelhaft.
Falls der DLV im kommenden Jahr versucht, von allen Veranstaltern die Gebühren eventuell sogar gerichtlich einzutreiben, dürfte dies für gewaltige Verunsicherung und Ärger sorgen. Wenn die Veranstalter die Genehmigungsgebühr an die Starter weitergeben und die Startgebühren um einen Euro erhöhen, wird es sicher keine drastisch zurückgehende Teilnehmerzahlen geben. Jedoch dürften viele Veranstalter, die mit großem Engagement und knappen Mitteln Läufe organisieren, das Vorgehen des DLV als reine Abzocke empfinden. Der DLV will jedenfalls für die Gebührenerhebung zusätzlich Personal einstellen.
Dieser Beschluss des DLV war schon im Vorfeld heftig diskutiert worden. Besonders die Veranstalter von mittleren und kleinen Volksläufen mit nur geringen Teilnehmergebühren wird er hart treffen. Sie müssen künftig einen erheblichen Teil der Einnahmen abführen, ohne einen Nutzen daraus erkennen zu können. Der Rennsteiglauf als großer Veranstalter müsste künftig etwa 15.000 Euro an den DLV bezahlen. German Road Races e.V. (GRR), der Verband der großen Laufveranstalter in Deutschland, hat daher die Laufveranstalter und -vereine zum Protest aufgerufen.