Wenn Läufer für Läufer einen Lauf organisieren, dann darf man sich auf ein echtes Lauferlebnis freuen. Und so war das auch beim 1. Südthüringen Trail, für den Mirko und Tina Leffler gemeinsam mit einem engagierten Team insgesamt 400 Läuferinnen und Läufer auf drei Streckenlängen eingeladen hatten. Die Anmeldeliste war Wochen vor dem 9. September voll, fast alle waren auch am Start und nur ganz wenige (9) haben im anspruchsvollen Gelände rund um Suhl bis hinauf auf den Schneekopf am Rennsteig aufgegeben.
Noch ein paar Zahlen, die auch die Strecke erklären: Der Heldentrail (64,9 km und 2391 hm) war auf dem ersten Teil ident mit dem Riesentrail (47,5 km und 1932 hm) und nach dem Start/Zielbereich im Gewerbepark auf dem alten Simsonwerk-Gelände schloss sich dann noch der Wichteltrail an (17,4 km und 559 hm), bevor man zum zweiten Mal die Ziellinie überquerte und zum Helden wurde. Neun Helden-Anwärtern war die Anstrengung – aus welchem Grund auch immer – zu groß, sie beendeten beim ersten Zieldurchlauf ihren Lauf auf dem Riesentrail.
15 Heldinnen und 113 Helden haben am 9. September heldenhaft die gesamte Strecke von knapp 65 km gemeistert. Der Sieger David Mendelski vom Verein Speedy’s Sport Schart (Rudolstadt) sprintete mit sagenhaften 6:21 Minuten pro Kilometer über die An- und Abstiege (Siegerzeit: 6:53:20). Läufer wie ich haben ihn und die anderen Besten richtig gut aussehen lassen. Aber jeder Lauf lebt davon, dass die Schnellen und die Langsamen – wie ich (was heißt schon langsam bei 10 min/km auf knapp 65 km und 2500 hm?) – im Ziel wie Helden empfangen werden. Und das wurden wir. Und gefeiert und motiviert bereits an jeder Verpflegungsstelle.
Ich bin wie viele andere auch auf dem Heldentrail bereits um 5 Uhr bei Dunkelheit gestartet, um die Karrenzzeit 14 Uhr nach 47, 5 km nicht zu verpassen. Mit Stirnlampe ging es vom Simson-Gelände auch gleich bergan in den Wald Richtung Domberg. Da musste man ausgeschlafen sein, denn Steine und Wurzeln säumten die schmalen Pfade. Das erste Tageslicht und einen schönen Blick hinunter nach Suhl gab es bei der ersten Verpflegungsstelle direkt an der Ottilienkapelle. Dann ging es steil hinunter in die Stadt, quer über den Marktplatz und kurz darauf waren wir wieder im Wald. Waren das eben wirklich Elche neben uns im Gehege? Tatsächlich, Elche im Thüringer Wald. Aber jetzt wieder Konzentration auf den Anstieg. Steil geht es hinauf den Döllberg und noch steiler hinauf zur zweiten Verpflegungsstelle, der Hütte am Rimbachbrunnen. Fast hat meine Nase den Boden berührt. Kaum verschnauft, geht es im Dickicht durchs Pfanntal und hinauf auf den Salzberg. Und dann kam er, der höllische Abstieg auf dem steilsten Skihang Thüringens. Hier haben mich die ersten schnellen Läufer überholt, die eine Stunde später gestartet sind. Gerne macht man für die Spitzenläufer Platz auf den schmalen Pfaden. Und sie bedanken sich auch bei uns. Sie wissen wohl zu schätzen, dass wir hinten im Läuferfeld die Sieger gut ausschauen lassen. Mit einem der ältesten Läufersprüche konnte ich übrigens noch einen der wenigen Läufer motivieren, den auch ich überholt habe: „Genieße die Strecke, du hast schließlich für die volle Zeit gezahlt!“
Und die Strecke geht weiter auf dem Liederwanderweg (ich habe diesmal nicht das Rennsteiglied vor mich hergesungen) hinauf zum Fichtenkopf Richtung Suhler Hütte. Hier ist doch die dritte Verpflegungstelle. Nein, doch nicht. Rechts vorbei geht es noch hinauf auf den Schneekopf, bevor wir auf dem Rückweg an der Suhler Hütte auftanken können. Wenn ich den Turm auf dem Schneekopf bestiegen hätte, wäre ich über 1000 Meter über dem Meeresspiegel. Aber starker Wind, der einem den Regen ins Gesicht peitscht, spornt mich zu einem Zwischensprint an. Und schon ist die Suhler Hütte wieder da. Endlich auftanken. Cola, Käsewürfel, Melone und Salzstangen – davon habe ich mich beim Südthüringen Trail ernährt. Gegeben hätte es noch viel mehr, bis hin zu Würsteln und Schmalzbroten. Aber jeder Läufer hat halt seine Vorlieben.
Schnell noch von den netten Betreuern (an allen Verpflegungsstellen und auch im Start/Zielgelände!!!) verabschiedet und dann geht es auf einen langen Abstieg nach Goldlauter hinunter. Mit schönen Ausblicken auf Suhl. Rollen lassen, denn nach jedem Abstieg folgt bekanntlich ein steiler schmaler Aufstieg. An der Struth tanken wir noch einmal auf, bevor es hinauf auf den Berg Bock geht (so heißt doch auch ein Rennsteigtunnel auf der Autobahn? – hier sind wir also). Jetzt kommt Suhl-Albrechts, gestartet waren wir in Heinrichs. Dort geht es auch gleich hin, natürlich wieder mit einem Anstieg vor dem Abstieg (irgendwie müssen ja die vielen Höhenmeter zusammen kommen). Und im Hollergrund hören wir schon die Musik und die Ansagen. Einmal über die Ziellinie, keine Medaillen für den Riesentrail umhängen lassen und an der Verpflegungsstelle Kraft tanken. 65 Minuten vor der Karrenzzeit! Na dann, den Wichteltrail schaffe ich nun auch noch.
Gleich am Anfang liegt im Wald der jüdische Friedhof. Hier ist auch Moses Simson begraben, Gründer der Simson-Werke, auf dessen Gelände wir gestartet sind und bald die Finisher-Medaille umgehängt bekommen. Immer noch überholen mich später gestartete Helden (einige sind auch erst um 7 Uhr auf die Strecke). In Richtung Steinsburg kommen mir auch noch Wichtel und schon wieder Helden entgegen. Alle grüßen wir uns freundlich und heben anerkennend den Daumen. Die alte Raubritterburg gibt es nicht mehr, dafür Verpflegung. Gleich zweimal, denn hier werden wir auf 4,5 km noch einmal steil hinunter und steil bergan über Hohlwege geschickt.
5 km vor dem Ziel ein kurzer Schreck, ich knicke auf dem anspruchsvollen Profil um. Erst einmal Sterne sehen, dann schauen, wie dick das Sprunggelenk geschwollen ist, prüfen wie es sich beim Laufen anfühlt und beschließen: Es tut weh, egal ob ich gehe oder laufe. Also laufe ich wieder, werde noch zweimal überholt und bin nach 11:01:43 freudestrahlend im Ziel. Empfangen von meinem Mann, der 75 Minuten schneller war, von anderen Läufern und den freundlichen Helfern im Veranstalter-Team. 11 Stunden bei besten Laufwetter, sieht man mal vom Regensturm auf dem Schneekopf ab. 11 Stunden auf anstrengenden, aber schönen Pfaden mit herrlichen Ausblicken, guter Luft und vielen Gleichgesinnten. Was will man mehr!
Ich bin begeisterte Rennsteigläuferin auf der Ultrastrecke von Eisenach nach Schmiedefeld, bin schon zweimal den ebenfalls wunderschönen Thüringen Ultra gelaufen und einmal den Jägerstein Ultra. Der Thüringer Wald ist meine Heimat aus Kindertagen – und seit meinem 50. auch meine Laufheimat. Obwohl ich ja in Österreich, wo ich seit mittlerweile 25 Jahren lebe, höhere Berge hat, zieht es mich zum Laufen gerne in die alte Heimat. Und zum Südthüringen Trail komme ich ganz sicher auch wieder!
Die Veranstaltung war top organisiert – und das bereits bei der Premiere. Viele der Premierenstarter werden nächstes Jahr sicher wieder an den Start gehen, manche vielleicht die Laufstrecke wechseln. Und weil es sich sicher schnell herumspricht, wie toll die Veranstaltung war, wird der Andrang 2018 sicher noch größer. Startplatz schnell sichern ist also kein Fehler.
Heldentrail (64,9 km, 2491 hm):
–113 Helden und 15 Heldinnen haben gefinisht
–Sieger Männer: David Mendelski (6:53:20) vor Ronald Speer (7:00:46) und Stephan Bohacek (CZ, 07:13:33).
–Sieger Frauen: Ramona Sonja Römer (7:58:32) vor Anett Naumann (8:01:07) und Katja von der Burg (8:19:34)
Riesentrail (47,5 km, 1932 hm):
–89 Finisher (davon 28 Frauen) + 9 (die vom Heldentrail kamen)
–Sieger Männer: Benjamin Sperl (4:21:23) vor Andreas Neuwald (4:43:55) und Victor Silberer (4:55:53)
–Sieger Frauen: Liv Nelson (5:59:58) vor Carolin Weimer (6:14:33) und Janine Gasch (6:17:44)
Wichteltrail (17,4 km, 559 hm):
–149 Finisher (davon 50 Frauen)
–Sieger Männer: Dominik Koch (1:19:41) vor Marcel Höche (1:20:07) und Markus Wiegler (1:20:08)
–Sieger Frauen: Eva Schmitt (1:39:02) vor Cornelia Michaelis (1:40:07) und Laura Hündorf (1:48:18)
Siegerlisten wurden korrigiert. Platz drei Heldentrail revidiert.
Wunderschön geschrieben. Bin die Strecke gedanklich mitgelaufen und bekam Lust auf diesen Trail durch die Thüringer Heimat.