Der Hochsommer ist eigentlich nicht die Jahreszeit für Marathonläufe, es sei denn, sie finden in den kühleren Bergen oder wie in Rostock in der Nacht statt. Da es einmal im Jahr bei mir die Ostsee sein muß, fiel mein Blick auf die Rostocker Marathon-Nacht, die meinem 25. Marathon einen würdigen Rahmen geben sollte. Die flache Strecke von der Rostocker Innenstadt in Richtung Warnemünde versprach als Highlight die Unterquerung der Warnow durch den sonst mautpflichtigen Autotunnel bei Krummendorf.
In sehr entspannter Atmosphäre stehen kurz vor 18:00 Uhr bei angenehmen 23 °C mit mir ca. 300 Marathonis aus ganz Deutschland und 65 Staffelläufer am Start auf dem Neuen Markt. Dort treffe ich Thomas, mit dem ich im vergangenen Jahr den Swiss Alpin lief. Wir begrüßen uns kurz, dann fällt auch schon der Startschuss. Da wir beide unter 5 Stunden angepeilt hatten, laufen wir erstmal gemeinsam los.
Zunächst sind zum Kilometersammeln zwei kleine Runden durch die City zu absolvieren. Das Publikum ist mit Ratschen des Sponsors ausgestattet und so lassen wir uns von der Stimmung treiben. Nach 6 Kilometern und der dritten Überquerung der Startlinie geht es dann endlich zum Stadthafen vorbei an Segelschiffen und Restaurants.Nach einigen weiteren Kilometern liegt die Stadt hinter, oder vielmehr neben uns. Der Blick vom gegenüberliegenden Warnow-Ufer auf die Silhouette der City ist herrlich. Ein kurzer Regenschauer bei Kilometer 11 ist nicht so tragisch, der starke Gegenwind bleibt jedoch auf der gesamten Hinrunde unser Begleiter – dass es auf der Rücktour dann keinen Rückenwind gab, versteht sich von selbst.
In den Ortschaften werden die Läufer lautstark bejubelt, Kinder wollen die Läufer abklatschen, Bewohner sitzen in Liegestühlen im Vorgarten oder haben gleich ihre Partyzelte aufgebaut und beschallen die Läufer. Unser Starterfeld hat sich bereits bei km 15 sehr stark auseinandergezogen.
Höhepunkt des Laufes wird dann wirklich die Unterquerung der Warnow bei Kilometer 22. Hier kommen uns die ca. 1000 Halbmarathonis entgegen, die vor dem Tunnel gestartet sind. Die anschließende 5 Kilometer lange Schleife durch den IGA-Park ist kurzweilig, die Füße schätzen den sandigen Belag als willkommene Abwechslung zum Asphalt. Der Himmel zeigt sich in herrlichem Abendrot.
Zurück zum Warnow-Tunnel wird es sehr einsam auf der Strecke, unsere beiden Mitläufer fallen zurück und vor uns ist kein Läufer mehr zu sehen. Auch mein Begleiter hat jetzt mit Krämpfen zu tun und muss den Tunnelanstieg hoch gehen. Inzwischen ist es schon dämmrig. Die Trommler hinter dem Tunnel sehen uns kommen und setzen extra für uns beide nochmal an, das beflügelt enorm.
Schön ist auch, dass die Dorfbewohner noch immer am Straßenrand und in den Vorgärten warten und uns bejubeln. Thomas braucht nun immer wieder Gehpausen, wir bleiben trotzdem zusammen, das Laufen macht einfach gemeinsam mehr Spaß. Die Vorstellung einsam durch die dunklen Straßen zu laufen ist auch nicht prickelnd. Irgendwo packt der private Cola-Stand gerade zusammen, aber wir bekommen trotzdem noch einen Becher ausgeschenkt.
Inzwischen ist es richtig dunkel geworden, ab km 35 geht es wieder durch den Park der Warnow entlang. Die Wege sind mit matten Scheinwerfern markiert. Von der anderen Seite des Wassers leuchtet die Stadt herüber und in der Ferne gibt’s ein Feuerwerk. Doch genießen kann ich es nicht so recht, denn meine Beine werden nun auch schwer.
Endlich erreichen wir die Stadt, die Lautsprecheransagen vom Neuen Markt werden deutlicher. Doch dann geht die Strecke ca. 200 Meter am Ziel vorbei in eine Extra-Runde durch die City und die trifft mich hart, ich hatte sie irgendwie nicht im Plan.
Durch die nun fast menschenleere Fußgängerzone (Kröpeliner Strasse) setzen wir dann noch zum Endspurt an, dann eine Rechtskurve auf den Markt – und das Ziel ist knapp unter 5 Stunden erreicht.
Wir fallen uns in die Arme, gratulieren uns gegenseitig. Dann sagt Thomas, dass er heute Geburtstag hätte und dies sein schönstes Geburtstagsgeschenk sei. Auf den Geburtstag und unseren Sieg wird dann gemeinsam mit Thomas Frau noch ordentlich am Bierstand angestoßen.
Fazit: Wenn man im Hochsommer einen Marathon oder einen Halbmarathon laufen will und diesen mit einem Urlaub verbinden kann, bietet sich die Rostocker Marathon-Nacht an. Die schöne Strecke ist weitgehend flach und abwechslungsreich. Die Verpflegung ist allein mit Wasser, Iso, Bananen und Äpfeln allerdings etwas spartanisch.