Ein außergewöhnliches Lauferlebnis bescherte der Laufladen Erfurt am 10. August rund 50 Laufbegeisterten. Boris Lehmann hatte mit seinem Team zum Sonnenaufgang zu einem Erlebnislauf im Rahmen des Olympiamarathons der Männer in Paris eingeladen. Die ca. 7 Kilometer lange Strecke durch die Thüringer Landeshauptstadt war dabei weniger eine Herausforderung, wie vielmehr das frühe Aufstehen an einem Samstagmorgen. Wer das schaffte, konnte dabei die einzigartige Atmosphäre einer erwachenden Innenstadt von Erfurt genießen.
Kurz vor fünf Uhr gibt es im Erfurter Laufladen ein kurzes Briefing durch den Chef. Boris Lehmann hat weder Kosten noch Mühen gescheut und sich zur Feier des Tages ein Napoléon-Kostüm organisiert. Seine Mitstreiter tragen Halstuch und Baskenmütze, einer hat sogar einen Besen dabei. Pünktlich um 5 Uhr setzt sich die beachtliche Gruppe von fast 50 Laufverrückten nach einem Gruppenfoto in Bewegung. Zunächst geht es zum Anger. Der zentrale Platz in der Innenstadt ist um die Zeit fast menschenleer. Nur etwas Partyvolk wartet auf die erste Straßenbahn. Sie schauen ungläubig auf den Tross, der vorüberläuft.
Am Alexander-Obelisken, den ich bislang als Erfurter gar nicht kannte, gibt es den ersten historischen Exkurs. Von 1806 bis 1814 war Erfurt französisch besetzt. 1808 empfing Napoléon Zar Alexander I. und die Fürsten des Rheinbundes zum Erfurter Fürstenkongress. Auch mit Goethe gab es ein Treffen in Erfurt. Der kleine Franzose hat also zweifellos Spuren in Erfurt hinterlassen. Aber auch das jüdische Weltkulturerbe wird vom laufenden Stadtführer gewürdigt. Die kleine Synagoge, das Steinhaus, die Mikwe an der Krämerbrücke und die Alte Synagoge gehören seit dem letzten Jahr zum Weltkulturerbe und werden sachkundig besprochen. Der Sportwissenschaftler Lehmann erweist sich dabei auch als historisch belesener Mensch.
In der Meienbergstraße feuert ein Betrunkener den Mann mit dem Besen an. Beim Durchqueren der Michaelisstraße passieren wir die „Karibik-Bar“, die noch gut mit Kundschaft gefüllt ist. Ungläubige Blicke der Besucher und ein „Sport frei!“ dringt uns gepaart mit einer kräftigen Cannabiswolke aus dem Inneren entgegen. An der Ecke Pergamentergasse stoppen wir noch einmal am Bistro Chez Laurent, dessen Inhaber auch ein großer Fan von Napoléon ist.
Boris Lehmann erinnert an die Geschichte der ältesten deutschen Universität, die nicht von den Franzosen, sondern 1816 durch die Preußen geschlossen wurde. Leider können wir nicht die Domstufen herauflaufen, weil diese aktuell als Kulisse für die Domstufenspiele hergerichtet sind. Stattdessen geht es über den barrierefreien Zick-Zack-Weg hinauf zur Zitadelle Petersberg, von deren Mauern wir gemeinschaftlich um kurz vor 6 Uhr den Sonnenaufgang genießen.
Auf dem Rückweg gibt es noch einen Fototermin beim Kunstwerk der drei Bischöfe. Jemand versucht einem davon ON-Laufschuhe überzuziehen, die man im Rahmen des Laufes testen konnte. „Das ist streng verboten“, improvisiert Lehmann beim Lesen aus einer Pressemitteilung der Stadt Erfurt. Am Herrmannsbrunnen und an der Langen Brücke gibt es jeweils noch einen kurzen Stopp. Wir erfahren wo Goethe und Schiller nächtigten, wenn sie die Stadt an der Gera besuchten. Am historischen „Haus Dacheröden“ endet kurz vor 7 Uhr die Laufrunde. Der Angerbunnen wird für das Dehnprogramm unter Anleitung von Besenmann Daniel genutzt. Das restliche Laufladenteam eilt vor, um das Frühstück im Laufladen vorzubereiten.
Es gibt frische Croissants und duftendem Kaffee aus dem Hause des BeAwi KreativCafé. Um 8 Uhr startet dann das Public Viewing zum olympischen Marathon der Männer. So hat man als Teilnehmer des Erlebnislaufes ein bisschen das Gefühl, Teil der olympischen Familie zu sein. Herzlichen Dank nochmal an Boris Lehmann und sein Team für die Idee und die gelungene Umsetzung.
Weitere Informationen: www.laufladen-erfurt.de
Fotos: Jens Panse